Drei Taufstellen in Israel und Jordanien werben um Pilgergunst

Diesseits oder jenseits des Jordan?

Veröffentlicht am 04.07.2015 um 12:01 Uhr – Von Andrea Krogmann (KNA)  – Lesedauer: 
Die angebliche Taufstelle Jesu auf jordanischer Seite.
Bild: © KNA
Heiliges Land

Jerusalem  ‐ Die Unesco hat entschieden: Die Taufstelle Jesu in Jordanien gehört zum Weltkulturerbe. Das ist für das Land auch touristisch bedeutsam. Denn in Israel, am anderen Ufer des Jordan, gibt es eine weitere Taufstelle.

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Den tatsächlichen Taufplatz von Jesus aus Nazareth kennt niemand, für den Wuppertaler Archäologieprofessor Dieter Vieweger ist das "nicht verwunderlich". Niemand habe den Ort markiert, weil niemand an diesem Ort habe beten wollen, sagt der Leiter des Deutschen Evangelischen Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes (DEI) in Jerusalem. "Was wir wissen: Nach den Christenverfolgungen kehrten die Christen in großer Zahl nach Jerusalem und ins Heilige Land zurück und fragten nach den Orten, an denen sich alles abgespielt hatte. Dort bauten sie Verehrungsplätze und Kirchen."

Der Pilger von heute hat also die Qual der Wahl: "Kasr al Jahud" am Westufer des Jordan, "Wadi al-Kharrar" auf jordanischem Boden oder gar das lauschig ausgebaute "Yardenit" am See Genezareth. Zumindest für letztere der drei Konkurrenten herrscht relative Einigkeit der Forscher: Hier hat sich zwar ein geschäftstüchtiger Tauftourismus etabliert, historisch relevant ist der Ort aber nicht. Die überwiegend freikirchlichen Christen und Baptisten, die das "israelische Lourdes" mit jährlich mehr als einer halben Million Besuchern zu einer der meistbesuchten Stätten des Landes machen, scheint dies unterdessen nicht zu stören.

Prozession zur Taufstelle "Kasr al Jahud" am israelischen Jordanufer.
Bild: ©KNA

Katholische Christen gedenken der Taufe Jesu: Eine Prozession zur Taufstelle "Kasr al Jahud" am israelischen Jordanufer.

Bleiben die beiden gegenüberliegenden Stätten in der Jordansenke bei Jericho. Biblisch betrachtet spricht viel für das Ostufer des Jordan als Ort des Geschehens, "in Bethanien, auf der anderen Seite des Jordan", wie das Johannesevangelium (1,28) die Taufe Jesu verortet. Auch der Bericht von Matthäus 3,13 ("Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe.") deutet laut Vieweger auf das Ostufer, denn "der Pilgerweg der Juden aus Galiläa ging aus rein topographischen Gründen östlich des Jordan entlang".

Die älteste Landkarte der Christenheit - das Fußbodenmosaik von Madaba aus dem 6. Jahrhundert - hilft dem Betrachter hingegen nicht eindeutig weiter. Zwar verzeichnet sie einen Ort auf der westlichen Seite des Jordan - dieser liegt jedoch nicht direkt am Fluss. Auf östlicher Seite wiederum haben Grabungen ab 1996 zahlreiche Bauten aus römischer und byzantinischer Zeit zutage gefördert, die auf eine frühe christliche Verehrung deuten.

Nur noch wenig mit dem biblischen Jordan gemein

Mit dem Bau von bisher fünfzehn Kirchen und der Verbesserung der Infrastruktur hat Jordanien seit dem Jahr 2000 seine Taufstelle stark ausgebaut und konnte in den vergangenen Jahren immer mehr Besucher anlocken. Und auch wenn es keinen Beweis für den Ort selbst gibt, für den Archäologen Vieweger ist die Taufstelle auf jordanischem Boden "eine gute Erinnerungsstätte an die Taufe Jesu: So könnte es gewesen sein".

Für die Kirchenführer der Region scheint wenig Zweifel an der Authentizität der Stätte am jordanischen Flussufer zu bestehen: Nicht weniger als dreizehn Patriarchen und Bischöfe haben sich für die Tradition am Ostufer ausgesprochen. Ihre Schreiben präsentiert Jordanien stolz auf einer eigenen Internetseite. Die katholische Kirche hielt sich in der Klärung der Gebietsfrage verbal bisher zurück - auch wenn drei Päpste bei ihren Besuchen im Heiligen Land die israelische "Kasr al-Jahud" zugunsten des jordanischen Wadi al-Kharrar links liegen ließen.

Für welche Seite des Jordan sich die Pilger auch entscheiden: Das schmutzige Rinnsal, dass sich heute seinen Weg durch das israelisch-jordanische Grenzgebiet sucht, dürfte nicht mehr viel mit dem biblischen Jordan gemein haben. Beide Länder täten gut daran, ähnliche Anstrengungen zum Schutz der Wasserströme zu unternehmen, wie sie gegenwärtig zur Anziehung der Pilgerströme zu bemerken sind - und zwar am besten gemeinsam.

Von Andrea Krogmann (KNA)