Matthias Ring lehnt eigene Studie ab

Alt-katholischer Bischof: Missbrauch nicht das Problem der anderen

Veröffentlicht am 03.10.2024 um 17:30 Uhr – Lesedauer: 

Mainz ‐ Der alt-katholische Bischof Matthias Ring warnt seine Kirche davor, sich beim Thema Missbrauch in Sicherheit zu wiegen: Auch ohne Zölibat gebe es Übergriffe. Zu Beginn der Bistumssynode nennt er erstmals auch Zahlen.

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Der alt-katholische Bischof Matthias Ring warnt davor, Missbrauch als rein römisch-katholisches Problem zu betrachten. Zum Auftakt der Synode des alt-katholischen Bistums sagte Ring am Donnerstag laut Redemanuskript, dass er immer davon ausgegangen sei, dass es in der alt-katholischen Kirche nicht anders gewesen sein könne als in anderen Kirchen. Bisweilen höre er in seiner Kirche die "naive These", dass es dort Missbrauch nicht gebe, weil alt-katholische Priesterinnen und Priester heiraten dürfen. "Mit dieser These beruhigten sich unsere evangelischen Geschwister – bis ihre ForuM-Studie auf dem Tisch lag", so Ring. Er wisse von zwei Fällen in seinem Bistum seit dem Zweiten Weltkrieg. Außerdem habe es in seiner Amtszeit zwei Vorwürfe gegen Geistliche wegen Übergriffen gegeben.

Eine eigene Missbrauchsstudie für das alt-katholische Bistum sieht Ring skeptisch, "denn an einen Erkenntnisgewinn, der über die jetzige Erkenntnis hinausgeht, nämlich dass es bei uns auch nicht anders war, glaube ich nicht". Er rechne nicht mit wesentlichen neuen Erkenntnissen, die für die Prävention relevant sein könnten.

Beim ersten Fall handle es sich um einen Pfarrer, der in den 1950er Jahren zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Außerdem werde von Übergriffen auf Ministranten berichtet. Beim zweiten Fall gehe es um einen ehemaligen Vikar, der 1950 zu einer Haftstrafe aufgrund von "widernatürlicher Unzucht" verurteilt worden sei. Das jüngste Opfer solle zehn oder elf Jahre alt gewesen sein. Insgesamt zähle das Strafurteil sechs Betroffene auf. Dem Priester sei nach seiner Verhaftung die Erlaubnis, geistliche Funktionen auszuüben, entzogen worden. Zudem sei er aus dem Dienst der alt-katholischen Kirche ausgeschieden.

Säkularisierung betrifft auch Alt-Katholiken

In seinem Bericht ging der Bischof weiter auf den Umgang mit Säkularisierung ein. Auch in der alt-katholischen Kirche werde die Kirchenbindung schwächer. Unter den aus der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche ausgetretenen Menschen sieht Ring zudem kein großes Potenzial für die alt-katholische Kirche: "Den meisten, die austreten, ist Gott schon lange abhanden gekommen, wenn sie überhaupt jemals etwas damit anfangen konnten." Stattdessen gelte es für seine Kirche, Menschen auf ihrem Lebens- und Glaubensweg zu begleiten. "Dabei müssen wir akzeptieren, dass wir oft genug 'nur' Lebensabschnittspartner sind", so der Bischof.

Die Synode des Bistums der Alt-Katholiken ist das höchste beschlussfassende Gremium der alt-katholischen Kirche in Deutschland. Sie tagt von Donnerstag bis Sonntag in Mainz. Auf der Tagesordnung steht unter anderem die Befassung mit der alt-katholischen Identität und der Umgang mit Kirchenmitgliedern, die Mitglied einer gesichert rechtsextremistischen Partei oder Organisation sind. Ein Antrag sieht vor, solchen Mitgliedern die passiven synodalen Rechte zu entziehen.

Die alt-katholische Kirche in Deutschland entstand in den 1870er-Jahren in Abgrenzung zu den Beschlüssen des Ersten Vatikanischen Konzils (1869-1870) zur Unfehlbarkeit und zum Jurisdiktionsprimat des Papstes. Zum deutschen Bistum gehören knapp 16.000 Mitglieder in 60 Pfarrgemeinden. Seit 2009 steht Matthias Ring dem Bistum als zehnter Bischof vor. Die Kirchenordnung der alt-katholischen Kirche ist bischöflich-synodal: Der von der Synode gewählte Bischof leitet gemeinsam mit einer von Geistlichen und Laien gebildeten Synodalvertretung die Kirche. (KNA)