Betroffene sollen "Mut finden, aus dem Dunkelfeld herauszutreten"

Katholische Kirche noch lange nicht fertig mit Missbrauchsaufarbeitung

Veröffentlicht am 08.10.2024 um 13:10 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ Zum Thema Missbrauch in der katholischen Kirche wird es noch lange keinen Schlussstrich geben. Mit der Aufarbeitung befasste Kommissionen beraten über die Beteiligung Betroffener. In zwei Jahren soll es eine Bilanz geben.

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Die katholische Kirche in Deutschland ist noch lange nicht fertig mit der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in ihrem Verantwortungsbereich. Neben der intensiven Präventionsarbeit zum Schutz vor neuen Taten müsse die unabhängige Aufarbeitung weitergehen, damit Betroffene "Mut finden, aus dem Dunkelfeld herauszutreten", betonte der Aachener Bischof Helmut Dieser (Foto oben) am Dienstag in Frankfurt.

Er äußerte sich bei einem Treffen der Aufarbeitungskommissionen der 27 deutschen (Erz-)Bistümer. Dabei geht es um eine Zwischenbilanz gut drei Jahre nach der Gemeinsamen Erklärung der Bischöfe mit der Stelle der Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung. "Wir sind den Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen und allen mitwirkenden Betroffenen sehr dankbar für ihre Arbeit", fügte der Freiburger Erzbischof Stephan Burger hinzu. Mit Dieser zusammen leitet er die Fachgruppe der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für Fragen des sexuellen Missbrauchs und von Gewalterfahrungen.

Ohne Betroffenenbeteiligung keine glaubwürdige Aufarbeitung

"Ohne Betroffenenbeteiligung gibt es keine glaubwürdige Aufarbeitung", ergänzten Angela Marquardt und Karl Haucke, die zu den Vertretern der Betroffenen bei der Tagung gehören. Nur eine konsequente und transparente Umsetzung von Teilhabe schaffe Vertrauen in die Arbeit der Aufarbeitungskommissionen.

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, nannte die Zwischenbilanz einen wichtigen Schritt, um die Aufarbeitung in der katholischen Kirche voranzubringen und weiterzuentwickeln – "unabhängig, transparent und betroffenenzentriert". Wichtig sei ihr dabei eine Vergleichbarkeit in allen Bistümern: "Für Betroffene ist es unerlässlich, dass sie, unabhängig davon, an welche diözesane Aufarbeitungskommission sie sich wenden, auf qualitativ gleiche und verlässliche Standards der Aufarbeitung treffen. Eine Gesamtbilanz solle in zwei Jahren erfolgen, fügte sie hinzu.

Basis der Arbeit der Aufarbeitungskommissionen in den Bistümern ist die 2020 mit Claus' Vorgänger Johannes-Wilhelm Rörig vereinbarte "Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland". Diese sieht unter anderem die Einrichtung der Kommissionen und die Schaffung von Betroffenenbeiräten vor. Die katholische Kirche war die erste größere Institution, die eine solche Vereinbarung mit der Bundesregierung getroffen hat. (KNA)