Wem dienst du? Eher ein Kamel durchs Nadelöhr
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Wahrscheinlich würden die Wenigsten von sich sagen, dass sie unfrei sind. Je weiter wir allerdings im Leben vorankommen, je mehr Entscheidungen wir treffen und uns im Leben zulegen, umso mehr engen wir unsere Möglichkeiten ein. Wer sich ein Haus zulegt, muss dafür Sorge tragen, dass es in Schuss bleibt und auch die kommenden Jahrzehnte übersteht. Wer eine Karriere plant, nimmt in Kauf, dass die Zeit für Familie und Freunde begrenzt ist. Dahinter stehen Entscheidungen, die wir treffen, und die deutlich machen, woran wir unser Herz hängen, welche Prioritäten wir setzen und wem wir dienen.
An diesem Punkt laufen wir Gefahr, uns zu verzetteln. Die Bibel thematisiert das immer wieder am Götzendienst. Das Wort Götze ist eine Verkleinerungsform von Gott, was "Gottchen" bedeutet. Ein Götze ist biblisch gesehen etwas, das an sich gut ist. Wenn es allerdings zum Absoluten gemacht wird, sodass wir ihm alles unterordnen, dann verliert es seine Gutheit. Genuss ist gut und schön, übermäßiger allerdings mehr als schädlich. Wut ist nötig, übermäßige allerdings zerstörerisch.
Falsche Loyalitäten
Und diesen Götzendienst, diese falschen Loyalitäten, die hat Jesus immer wieder treffsicher beim Menschen anvisiert.
So auch im heutigen Evangelium. Nahezu vorbildlich glänzt der junge Mann mit seinem Lebensstil. Aber dennoch gibt es da etwas, woran er sein Herz verloren hat: Das liebe Geld. Geld an sich ist nichts Schlechtes. Es ist neutral. Es erhält seinen Wert durch unsere Verwendung und durch unseren Stellenwert, dem wir ihm einräumen. Und in der Hinsicht kann der Mensch mit einem Euro genauso geizig sein wie mit einer Million. Der ultimative Test, um herauszufinden, wie stark mein Herz an Geld hängt, ist folgender: Was denke ich über Reiche?
Das Grundproblem hinter dem Götzendienst: Ein Götze fordert Opfer und befriedigt doch nicht; ein Götze hält nicht, was er verspricht und wird den Menschen am Ende nicht satt machen. Es gibt von allem immer noch ein Mehr zu erobern. Wenn ich angekommen bin, wo ich hinwollte, glänzt schon die nächste verlockende Stufe, gibt es noch etwas schöneres und größeres zu erlangen.
Bereit, loszulassen?
Jeder von uns trägt wohl so einen kleinen oder größeren Götzen mit sich herum. Wenn Jesus daran rührt und von mir erwartet ihn loszulassen, dann moniert das Innere: "Nein, dazu bin ich nicht bereit. So weit geh ich nicht."
Weil unsere Gottchen doch zu echten Göttern aufgestiegen sind und unsere Herzen besetzt haben, hat Jesus es schwer mit seinem Anliegen durchzukommen. Sein Ansinnen war es immer, den Menschen in die Freiheit zu führen, damit ich meine Talente und Möglichkeiten für etwas Gutes und Sinnvolles einsetze. Deswegen bleibt es eine dauernde Aufgabe, mich zu hinterfragen: Wem diene ich und ist es die Sache am Ende wirklich wert?
Aus dem Evangelium nach Markus (Mk 10,17–30)
In jener Zeit lief ein Mann auf Jesus zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?
Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer der eine Gott.
Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter!
Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt.
Da sah ihn Jesus an, umarmte ihn und sagte: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!
Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen.
Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen!
Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.
Sie aber gerieten über alle Maßen außer sich vor Schrecken und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden?
Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.
Da sagte Petrus zu ihm: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt.
Jesus antwortete: Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen. Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser und Brüder, Schwestern und Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben.
Der Autor
Christian Olding ist Pastor in der Pfarrei St. Maria Magdalena in Geldern.Ausgelegt!
Als Vorbereitung auf die Sonntagsmesse oder als anschließender Impuls: Unser Format "Ausgelegt!" versorgt Sie mit dem jeweiligen Evangelium und Denkanstößen von ausgewählten Theologen.