Stadtdekan kritisiert Oper "Sancta": Religiöse Gefühle obszön verletzt
Stuttgarts katholischer Stadtdekan Christian Hermes hat die Aufführung des religionskritischen Stückes "Sancta" in der Stuttgarter Oper kritisiert. Hermes sagte am Donnerstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), das Stück zelebriere nicht nur "naive, um nicht zu sagen kitschige sexuell-spirituelle Erlösungsträume". Bei ihm kämen seit der Premiere am Samstag zudem "wirklich beunruhigende Rückmeldungen" an, berichtete der Stadtdekan.
"Dass Mitarbeitende und Besucher brutal an und über die Grenzen des ästhetisch und psychisch Erträglichen geführt werden, religiöse Gefühle entgegen aller sonst gepflegten politischen Korrektheit obszön verletzt werden und ganz bewusst mit der mentalen Gesundheit der Menschen gespielt wird", zählte er auf. Das scheine hier "kein Unfall" zu sein, sondern Teil des Konzepts.
Zugleich äußerte Hermes "Respekt vor der künstlerischen Radikalität" von Regisseurin Florentina Holzinger. "Sie legt schonungslos den Finger in die Wunde patriarchaler und klerikal-religiöser Herrschaft." Das sei "richtig und wichtig", denn es gebe "eine schlimme Schuldgeschichte unserer Kirche".
Gewalt und Sexualität auf der Bühne
Das Stück mit Altersfreigabe ab 18 Jahren enthält drastische Darstellungen von Gewalt und Sexualität auf der Bühne. Seitens der Kirche gab es bereits kritische Stimmen bei der Aufführung in Wien, die auf die Uraufführung in Schwerin gefolgt war. Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück kritisierte damals, das Stück reproduziere bekannte Klischees. Nonnen, die aus den klösterlichen Mauern ausbrechen, um sexuelle Befreiung zu erleben, sei "ein etwas schlichtes Narrativ".
Es gab bisher zwei Aufführungen in Stuttgart – am vergangenen Samstag und Sonntag. Dabei gab es insgesamt 18 Erste-Hilfe-Einsätze für Besucher, wie Sebastian Ebling, Pressesprecher der Oper Stuttgart, der KNA bestätigte. Zugleich schränkte er ein: "Das bedeutet aber nicht, dass 18 Leute umgekippt sind oder sich übergeben haben." Es habe 18 Einsätze des Besucherservice der Oper gegeben. "Leute sind rausgegangen, weil ihnen schlecht war. Und in drei Fällen musste tatsächlich der Notarzt gerufen werden." (KNA)