Allein gegen Rom – Zum Tod des Limburger Altbischofs Franz Kamphaus
Sein Wort hatte Gewicht, weil für ihn glaubwürdiges Reden und Handeln untrennbar verbunden waren. Franz Kamphaus galt als einer der bedeutenden Bischöfe in Deutschland. Sein entschiedener Einsatz für die am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen fand bundesweit Beachtung. 25 Jahre lang – von 1982 bis 2007 – war Kamphaus Bischof des Bistums Limburg. Am Montagmorgen ist Kamphaus im Alter von 92 Jahren im Sankt Vincenzstift in Rüdesheim-Aulhausen gestorben, wie die kirchliche Einrichtung der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mitteilte.
Der sprachmächtige Prediger Kamphaus prägte das Motto "Mach's wie Gott, werde Mensch". Kamphaus war ein Menschenfreund, aber keiner, der es allen recht machen wollte. 2018 betonte er in einem Buch zur Bergpredigt, dass Jesus auch Anstoß erregt habe. Jesus sei "alles andere als süß, kein Kompromissler" gewesen.
"Dickschädel" bot Papst die Stirn
Der gebürtige Münsterländer Kamphaus besaß einen "westfälischen Dickschädel". Für großes Aufsehen sorgte sein Widerstand gegen Rom Ende der 1990er-Jahre. Als einziger deutscher Bischof hielt er an der Schwangerenkonfliktberatung im geltenden gesetzlichen Rahmen fest, obwohl Papst Johannes Paul II. den Ausstieg angeordnet hatte. Im März 2002 verfügte Johannes Paul II. schließlich den Ausstieg auch des Bistums Limburg aus der gesetzlichen Konfliktberatung. Zugleich bat der Papst den Limburger Bischof, im Amt zu bleiben – was Kamphaus tat, bis zu seinem 75. Geburtstag am 2. Februar 2007.
Nach seiner Emeritierung zog er sich in das Sankt Vincenzstift in Rüdesheim-Aulhausen zurück. In der kirchlichen Einrichtung lebte er mit geistig behinderten und mehrfach eingeschränkten Menschen zusammen. "Ich bin einer von ihnen", sagte Kamphaus. Seit Jahrzehnten plagte ihn ein Tremor, der seine Hände und seine Stimme zittern ließ. Über seine Mitbewohner im Vincenzstift erzählte er: "Es ist erfrischend, wie mich die meisten anreden: zwar mit 'Bischof', aber dann per Du." Und auch wenn Kamphaus keine öffentlichen Vorträge oder Festpredigten mehr hielt – vereinzelt gab er noch Interviews.
Im April 2024 berichtete Kamphaus, er fühle sich "noch ganz gut". Er habe nie daran gedacht, so alt zu werden, sagte er dem Münsteraner Internetportal "kirche-und-leben.de". "Vor allen Dingen – und darüber bin ich sehr froh – ist der Kopf noch klar!" 2023 hatte er noch ein Buch herausgegeben: "Der Unbekannte aus Nazaret". Aber nun sei das Thema Bücherschreiben abgeschlossen. "Ich bereite mich auf den Tod vor. Das ist ja abzusehen." Im Alter nehme er sich zunehmend Zeit zum Nachdenken und Beten, sagte Kamphaus. "Ich hoffe, dass ich so für die letzte Stunde hier auf Erden bereitet bin. Ich bin sicher, ich werde erwartet."
Berufung als "verrückter" Moment
Schon mit 13 Jahren soll der Bauernsohn aus Lüdinghausen mit dem Satz "Ich werde Pastor" sein Umfeld überrascht haben. "Ich weiß nicht, wo das herkam", beschrieb Kamphaus rückblickend diesen "ganz verrückten" Moment. Man könne es Eingebung oder Fügung nennen, "aber es war in mir und ist in mir geblieben", sagte er 2019 anlässlich seines 60-jährigen Priesterjubiläums.
Damals betonte er auch, dass ihn der Zustand der Kirche schmerzt: "Sie liegt am Boden, und nicht wenige sind dabei, sie auszuzählen." Nach dem Missbrauchsskandal sei es nötig, aufzuklären und Transparenz herzustellen. Das tat Kamphaus am Ende auch selbst: In einer im November 2019 veröffentlichten Erklärung räumte er in einem Missbrauchsfall um einen ehemaligen Priester eigene "schwere Schuld" ein. Ihn belaste seit langem der Fall des mittlerweile aus dem Klerikerstand entlassenen Wolfdieter W., der Mitte der 1980er-Jahre aus dem Bistum Würzburg ins Bistum Limburg gekommen und übergriffig geworden war. In diesem Fall hätte er selbst entschiedener "durchgreifen müssen", so Kamphaus.
Knapp 60 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil sagte Kamphaus, jene Versammlung aller Bischöfe in den Jahren 1962 bis 1965 sei ein "Befreiungsschlag" aus einer bedrückenden Enge in der Kirche gewesen. Auch heute müsse man einen neuen Aufbruch wagen: "Es fehlt das III. Vatikanum", betonte Kamphaus.