"Zimzum"-Festival: Jesus im Zentrum, und die Presse bitte fernbleiben
Tiefgestapelt wurde nicht gerade: "Legendär" werde es, hatte Johannes Hartl das "Zimzum"-Festival im Vorfeld beworben. Der katholische Theologe leitet das Gebetshaus Augsburg, in dem rund um die Uhr gebetet wird. Bekannt wurde Hartl durch die christlichen Glaubensfeste "Mehr", bei denen er seit Jahren regelmäßig mehr als 10.000 Menschen in den Augsburger Messehallen versammelt. 2025 gibt's nicht "Mehr", sondern "Zimzum" - initiiert vom Gebetshaus und "Campus für Christus", nach eigenen Angaben eine konfessionell unabhängige Missionsbewegung. "Zimzum" ist auch als Glaubensfest angelegt, aber mit Altersbeschränkung: Es richtet sich an 14- bis 25-Jährige.
Der Begriff "Zimzum" entstammt nach Veranstalterangaben der Tradition des Judentums. Er bedeute "Zurücknahme" oder "Einschränkung" und bezeichne den Prozess, durch den Gott Platz für die Schöpfung schaffe, indem er sich zurücknehme. Von Jesus heiße es in der Bibel, er habe nicht an seiner Herrlichkeit festgehalten, sondern sich auf Augenhöhe mit den Menschen begeben. "Diese Haltung soll auch unser Festival prägen." Geboten sind dabei laut Ankündigung zum Beispiel Vorträge, Musik und Stände - stets mit dem Fokus Jesus.
Und, wie finden's nun die jungen Leute? Joy jedenfalls ist begeistert. Die 17-jährige Nürnbergerin, Mitglied einer pfingstlichen Freikirche, sagt: "Ich hatte gehofft, hier eine gute Gemeinschaft zwischen den Konfessionen zu finden. Das hat sich erfüllt." Sie habe spannende katholische Anbetungsformen kennengelernt.
"Sünden und Süchte"
Samuel kommt aus derselben Pfingst-Gemeinde. Der 16-Jährige aus der Nähe von Ulm gibt an, er sei zum "Zimzum" gefahren, um zu lernen, den Glauben besser in den Alltag zu integrieren und sich von "Sünden und Süchten zu entfernen". Behalten habe er folgenden Tipp: "Morgens als Erstes und abends als Letztes zu beten."
109 Euro haben Joy und Samuel als Frühbucher für die Festivaltage vom 3. bis 6. Januar bezahlt. Der reguläre Preis beträgt 169 Euro - inklusive Verpflegung, exklusive Übernachtung. Tagestickets kosten 29 bis 79 Euro. Joy und Samuel finden das in Ordnung. "Ein normales Konzert kostet für einen Abend ja schon an die 100 Euro", sagt Samuel.
Die Jugendlichen stehen draußen vor den Messehallen. Drinnen konnte man sie als Reporter nicht befragen. Pressevertreter sind beim "Zimzum" nicht zugelassen. Das Gebetshaus begründet das auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit "sehr hohen Jugendschutzauflagen". Was das genau bedeuten soll? "Das 'Zimzum' soll einen Rahmen bieten, in dem die Jugendlichen unter ihresgleichen sein können." Die angekündigten "ausführlichen" Pressemitteilungen bleiben zudem bis Festivalende aus.
Kritik einer Theologin
Aus erster Hand lässt sich also nicht schildern, welche Atmosphäre beim "Zimzum" herrscht und was gesagt wird bei Workshops und Seminaren mit Titeln wie "Entdecke dein Frau-Sein" und "Liebe, Sex, Zärtlichkeit - Was hat sich Gott dabei gedacht?". Oder inwiefern Johannes Hartls Sohn Samuel in die väterlichen Fußstapfen tritt. Hartl junior ist den Organisatoren zufolge für ein Gesprächsformat eingeplant. Er sei seit Jahren in der christlichen Jugendarbeit aktiv.
Die Freiburger Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer beklagt in diesem Zusammenhang eine mangelnde Erkennbarkeit von Programminhalten. Das wirke wie der Versuch, über eine "tolle Aufmachung die Menschen zu einem durchaus problematischen Inhalt zu bekommen", zitiert das Münsteraner Portal "Kirche+Leben" die Professorin. Geistlichem Missbrauch könne man nur durch umfassende Transparenz vorbeugen.
Dieser Kritik entgegnet die Gebetshaus-Pressestelle auf KNA-Anfrage: "Für das Festival gibt es ein umfassendes Jugendschutzkonzept, das auch Maßnahmen für die Missbrauchsprävention und die Prävention geistlichen Missbrauchs vorsieht." Zudem sei das Programm online einsehbar. Nun - zum "Frau-Sein"-Seminar zum Beispiel steht da: "In einer Welt voller Erwartungen & Verunsicherungen wollen wir gemeinsam deine Weiblichkeit entdecken & stärken - von Gott geschaffen, wunderbar & einzigartig."
Fortsetzung geplant
Aus dem Programm geht zudem das "Line-up" hervor: Dazu zählen die "O'Bros" und "Good Weather Forecast", zwei Bands mit christlichem Hintergrund. Als Rednerin steht beispielsweise Kira Geiss im Plan, Miss Germany 2023 und angehende evangelische Religionspädagogin, als Zelebrant einer katholischen Messe der Augsburger Weihbischof Florian Wörner. Und das Ausstellerverzeichnis führt etwa "Maria 1.0" auf, eine Gruppe, die sich für die Verbreitung des christlichen Glaubens nach traditioneller katholischer Lehre einsetzt.
"Bis zu 3.000 Personen" geben die "Zimzum"-Macher in Sachen Teilnehmerzahl an. Das Festival war in der Vergangenheit mehrfach coronabedingt verschoben worden. Ursprünglich sollte die Premiere 2021 auf Schloss Kaltenberg in Oberbayern stattfinden; damals war die Rede von bis zu 15.000 Teilnehmern. Nun ist den Organisatoren zufolge eine zweite Auflage für Anfang 2027 geplant.