Kardinal Schönborn: Bleibe ein Altbischof in Rufweite
Der emeritierte Wiener Kardinal Christoph Schönborn bleibt nach eigener Aussage in seinem Ruhestand ein "Altbischof in Rufweite". "Ich bin als amtierender Erzbischof eingeschlafen und als emeritierter aufgewacht, habe keinen großen Identitätsverlust dabei festgestellt, sondern blicke mit ganz großer Dankbarkeit auf diese fast 30-jährige Tätigkeit zurück", sagte Schönborn am Mittwochnachmittag bei einer Pressekonferenz. Er werde in Wien bleiben und "zur Verfügung stehen, wo ich gebraucht werde". Vor allem wolle er weiter als Seelsorger tätig sein. Papst Franziskus hatte zuvor seinen Amtsverzicht als Wiener Erzbischof angenommen. Schönborn feiert an diesem Mittwoch seinen 80. Geburtstag. Übergangsverwalter des Erzbistums wird Bischofsvikar Josef Grünwidl (62).
Als Theologe, Ökumeniker und internationaler Vermittler gehört Schönborn zu den profiliertesten Vertretern der katholischen Weltkirche. Schon zum 75. Geburtstag 2020 hatte er dem Papst gemäß dem Kirchenrecht seinen Rücktritt angeboten. Doch Franziskus beließ ihn bis heute weiter im Amt. Schönborn leitet Österreichs Hauptstadterzbistum seit 1995; er übernahm es auf dem Höhepunkt eines Missbrauchsskandals um seinen Vorgänger Kardinal Hans Hermann Groer (1919-2003). Auch als langjähriger Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz (bis 2020) warb er in Dialogprozessen auf verschiedenen Ebenen um neues Vertrauen für die Kirche.
Kandidat für das Papstamt
Im Vatikan gehört Schönborn zu den Vertrauten von Papst Franziskus. Bei den Papstwahlen von 2005 und 2013 wurde er selbst als möglicher Kandidat genannt. Mit Erreichen der Altersgrenze von 80 Jahren verliert er nun sein Stimmrecht beim Konklave. Zur Papstwahl sind künftig noch 138 der 253 Kardinäle berechtigt.
Der am 22. Januar 1945, kurz vor Kriegsende, im böhmischen Skalka (Skalken bei Leitmeritz) geborene Adelsspross Schönborn ist für seine Freundlichkeit, Eloquenz und Konzilianz bekannt. Diese wurde ihm von Kritikern mitunter auch als Schwäche ausgelegt.
Drehscheibe Wien
Zu Schönborns Schwerpunkten zählte die moderne Großstadtseelsorge. Die Erosion der Katholikenzahl in Österreich konnte er verlangsamen. Die internationale Drehscheibe Wien nutzte der Dominikaner, der 1998 zum Kardinal erhoben wurde, zu Kontakten mit den Ostkirchen. Schönborn zählte zu den Mitarbeitern am Weltkatechismus und war Initiator des Jugendkatechismus "Youcat".
Der Kardinal war einige Zeit gesundheitlich angeschlagen. Nun will er in ein Wiener Frauenkloster als Alterssitz übersiedeln. Zuletzt hatte Schönborn 2023 und 2024 auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus an den beiden Herbst-Vollversammlungen der Weltsynode im Vatikan teilgenommen. Am Rand der Synode warb er unter anderem dafür, die langen Erfahrungen der östlichen Kirchen mit synodalen Entscheidungsprozessen auch für die katholische Kirche zu entdecken. (mal/KNA)