Kardinal bittet bei queeren Katholiken um Entschuldigung

Der emeritierte Erzbischof der US-Hauptstadtdiözese Washington, Wilton Gregory, hat queere Gläubige um Verzeihung für den Umgang der Kirche mit ihnen gebeten. "Die Art und Weise, wie wir unsere Brüder und Schwestern aus der LGBTIQ-Community behandelt haben, hat sie zu Tränen und zu viele von uns in Verruf gebracht", sagte Gregory bei einer Rede, deren Wortlaut das Portal "Outreach" am Dienstag veröffentlichte. Der Kardinal äußerte sich demnach in Washington in einer Kirche vor Mitgliedern der LGBTIQ-Gemeinschaft.

"Ich entschuldige mich von Herzen für den Schmerz, der zum Verlust so vieler unserer Familienmitglieder geführt hat, die nicht weniger zu Gott gehören als ich", so Gregory weiter. Er bitte nicht nur für diejenigen um Entschuldigung, "deren Taten in der Vergangenheit diese Männer und Frauen skandalisiert und verwundet haben", sondern auch für seinen eigenen fehlenden Mut, den betroffenen Hoffnung zu geben.

Klima der Spaltung

Der frühere Erzbischof von Washington beklagte in seinen Ausführungen eine ideologische Spaltung in der Kirche. Katholiken auf beiden Seiten des Spektrums hätten alle, die die Kirche nicht so sähen wie sie, "mit bösartigen und grausamen Verurteilungen überhäuft". In einem derartigen Klima werde die Arbeit der Evangelisierung "noch schwieriger und unangenehmer".

Mit Sorge blickt Gregory nach eigener Aussage zudem darauf, dass immer mehr Menschen der Kirche den Rücken kehren. Gründe dafür seien neben Skandalen "unsensible seelsorgerische Begegnungen mit Geistlichen" sowie "eine gefühllose Aufmerksamkeit für die spirituellen Bedürfnisse und Bestrebungen von Menschen aufgrund ihrer Geschlechtsidentität". Für ihn stelle sich die Frage, wie die Kirche und er selbst es versäumen konnten, "Christus wirksam zu bezeugen, damit meine Schwestern und Brüder in ihrem Glauben gestärkt werden, anstatt ihn zu verlassen".

Kardinal Wilton Gregory (77) war bis Anfang dieses Jahres Erzbischof von Washington; am 6. Januar nahm Papst Franziskus seinen altersbedingten Rücktritt an. Gleichzeitig ernannte das Kirchenoberhaupt Kardinal Robert W. McElroy, vorher Bischof in San Diego, zu Wiltons Nachfolger. (KNA)