Vor 80 Jahren: Nazis ermorden Jesuiten Alfred Delp in Plötzensee

Es fehlten nur wenige Wochen bis zum Zusammenbruch des nationalsozialistischen Terrorregimes, doch der Volksgerichtshof machte mit Alfred Delp kurzen Prozess: Dass sich der Jesuit am Kreisauer Kreis beteiligt hatte, der Gruppe um Helmuth James Graf von Moltke, die für einen deutschen Neuanfang nach Hitler plante, machte den 37-Jährigen für die Nationalsozialisten zum Hochverräter. Am 2. Februar 1945, vor 80 Jahren, wurde Delp in Berlin-Plötzensee hingerichtet.
In Vergessenheit geraten ist Delp nie. So erklärt die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag, der Ordensmann sei seiner Zeit in vielen Dingen voraus gewesen. "Er ist gerade auch heute eine wertvolle Inspiration: durch seine Selbstreflexion, sein Gottvertrauen und seine Entschiedenheit", so der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Erzbischof Udo Bentz. "Er hat sich nicht mit Selbstberuhigungen zufriedengegeben, sondern bis zuletzt daran festgehalten, der Gewalt, der Lüge und dem Hass nicht das Feld zu überlassen."
Zudem sind zum Jahrestag mehrere Gedenkveranstaltungen geplant. In den beiden Gedenkkirchen am Ort der damaligen NS-Hinrichtungsstätte Plötzensee gibt es eine kleine Veranstaltungsreihe zu Moltke und Delp. Der Deutschlandfunk überträgt am 2. Februar den zentralen Gedenkgottesdienst.

Direkt nach dem Abitur trat Delp entgegen den Wünschen seiner Eltern in den Jesuitenorden ein. Während seiner Studienzeit war Karl Rahner, der spätere Konzilstheologe, sein Lateinlehrer.
Delp wurde als Sohn eines protestantischen Kaufmanns und einer katholischen Mutter 1907 in Mannheim geboren. Im südhessischen Lampertheim, wo die Familie ab 1914 wohnte, engagierte er sich in der katholischen Jugendarbeit. Sein Gemeindepfarrer förderte die intellektuelle Begabung des Jugendlichen. Direkt nach dem Abitur trat Delp entgegen den Wünschen seiner Eltern in den Jesuitenorden ein. Während seiner Studienzeit war Karl Rahner, der spätere Konzilstheologe, sein Lateinlehrer. Es folgten Studien im In- und Ausland, für einige Zeit war er in der Schwarzwald-Jesuitenschule in Sankt Blasien tätig.
Vision eines solidarischen Christentums
Nachdem ihm die Nationalsozialisten ein Promotionsstudium an der Universität München verweigerten, kam Delp zur NS-kritischen Jesuitenzeitschrift "Stimmen der Zeit". Gleichzeitig entwarf er in Predigten in Abgrenzung zum nationalsozialistischen Staat seine Vision eines solidarischen Christentums und einer humanen Gesellschaft. Delp war zugleich ein scharfer Kritiker einer selbstzufriedenen, verbürgerlichten Kirche. Er forderte einen "drängenden missionarischen Dialog mit dieser Zeit". Die Kirche dürfe nicht "Misstrauen gegen die schöpferischen Kräfte der Menschen" hegen. Der Jesuit war überzeugt: "Es wird kein Mensch an die Botschaft vom Heil und vom Heiland glauben, solange wir uns nicht blutig geschunden haben im Dienste des physisch, psychisch, sozial, wirtschaftlich, sittlich oder sonstwie kranken Menschen."
Vermittelt durch den Münchner Jesuitenprovinzial Augustin Rösch, kam Delp in Kontakt mit dem Kreisauer Kreis. Wie groß sein Einfluss dort war und wie oft er an Treffen teilnahm, bleibt unter Historikern umstritten. Sicher ist, dass Delp kein realpolitisches Programm für die Zeit nach Hitler entwarf, sondern eher Gedanken für die sozialphilosophischen Fundamente eines neuen Deutschlands beisteuerte. Delp hoffte auf einen "Humanismus im Namen Gottes", auf ein Erwachen des Menschen zu seinen Werten.
Kein politisches Programm
Nach der Verhaftung Moltkes und vor allem nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg am 20. Juli 1944 geriet auch Delp ins Visier der Gestapo. Weil sich in Stauffenbergs Notizbuch Delps Name fand, wurde er verdächtigt, an der Verschwörung beteiligt gewesen zu sein. Was aktuellen Forschungen zufolge indes nicht der Fall war. Am 9. und 10. Januar 1945 machte ihm der oberste NS-Richter Roland Freisler wegen Hoch- und Landesverrats den Prozess. Delp selbst spürte, wie er es nach der Verurteilung formulierte, schon "bei den ersten Fragen die Vernichtungsabsicht. Es war alles fertig, als es anfing." Am 11. Januar 1945 verkündete Freisler Delps Todesurteil.
Mit gefesselten Händen verfasste der Pater in den ihm verbleibenden Wochen zwischen Verhaftung und Hinrichtung Briefe, Meditationen und Abhandlungen. Sein geistliches Testament. Sein Glaube und sein tiefes Gottvertrauen blieben bis zuletzt ungebrochen. Als er am 2. Februar 1945 zum Galgen geführt wurde, soll er dem Gefängnisseelsorger zugeflüstert haben: "In einer halben Stunde weiß ich mehr als Sie."