Mehrere polnische Bischöfe bremsen Aufarbeitung von Missbrauch

In Polens Bischofskonferenz gibt es Widerstand gegen die geplante kirchliche Aufarbeitungskommission für Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern. Der Rechtsbeirat empfiehlt der Vollversammlung der Bischofskonferenz laut Medienberichten, "keine Kommission zu berufen, die auf der Grundlage des vorgelegten Dokuments arbeitet". Das Fachgremium kritisiert die vom zuständigen Erzbischof Wojciech Polak vorgeschlagenen Leitlinien unter anderem, weil es sich eher um eine "ermittelnde" statt um eine "wissenschaftlich-historische" Kommission handle.
So dürfte die Kommission laut den geplanten Leitlinien auch Bischöfe vorladen, obwohl nur der Heilige Stuhl diese beurteilen dürfe. Ein weiterer Einwand: Das von den Experten gesammelte Material könne auch für Zivilklagen gegen kirchliche Einrichtungen genutzt werden. Der Kommission könnten zudem auch Personen angehören, "die nicht unbedingt das Wohl und die Glaubwürdigkeit der Kirche im Sinn haben". Den Rechtsbeirat leitet der Bischof von Pelplin in Nordpolen, Ryszard Kasyna.
Polak sagte am Donnerstag der polnischen katholischen Nachrichtenagentur KAI, man werde sich bei der Vollversammlung in der kommenden Woche mit der Stellungnahme auseinandersetzen. "Sie hat keinen verbindlichen Charakter", sagte der Erzbischof von Gnesen (Gniezno). Polak ist Primas von Polen und in der Kirche für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zuständig.
Mehr Disziplinarstrafen als anderswo
Die Bischofskonferenz hatte im März 2023 angekündigt, ein unabhängiges Expertenteam zu berufen, das Missbrauchsfälle aus der Zeit von 1945 bis zum Start der Kommissionsarbeit untersuchen solle. Seither laufen die Vorbereitungen, ohne dass bisher Leitlinien verabschiedet wurden. Die Bischofskonferenz veröffentlichte indes mehrfach Statistiken über Anzeigen gegen Priester und Ordensleute wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger.
Wohl in keinem anderen Land verhängte der Vatikan zuletzt gegen so viele Bischöfe Disziplinarstrafen wegen Pflichtvernachlässigung in Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen wie in Polen. Allein 2021 wurden etwa zehn zumeist emeritierte Bischöfe angewiesen, Geld an eine Kirchenstiftung zu zahlen, die Präventionsmaßnahmen gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen unterstützt. Zudem dürfen die meisten bestraften Bischöfe in ihren früheren Diözesen oder generell an keinerlei öffentlichen Gottesdiensten mehr teilnehmen. (KNA)