Bundesinnenminister Dobrindt kritisiert Entscheidung

Erzbischof Gössl zu Kruzifix-Urteil: Politik und Justiz entscheiden

Veröffentlicht am 11.07.2025 um 09:56 Uhr – Lesedauer: 

Bamberg ‐ Nach dem Anti-Kruzifix-Urteil in Bayern hagelt es Kritik: Bundesinnenminister Alexander Dobrindt findet deutliche Worte gegen die Gerichts-Entscheidung. Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl äußert sich zurückhaltender.

  • Teilen:

Nach dem Anti-Kruzifix-Urteil aus Bayern kommt aus der Kirche eine differenzierte Stellungnahme. Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl erklärte laut einem Statement des Erzbistums am Donnerstagabend auf Instagram: Kreuze sollten Christen zwar nicht von Anders- und Nichtgläubigen abgrenzen, sondern eine Einladung zu Offenheit, Dialog, Toleranz und Respekt in einer pluralen Gesellschaft sein. Aber: "Wie dies in der Praxis grundsätzlich und in konkreten Einzelfällen umgesetzt und gelebt wird, haben Politik und Justiz unter Beachtung der Religionsfreiheit zu entscheiden."

Gössl begrüßte es jedoch grundsätzlich, wenn Kreuze im Alltag sichtbar sind, auch in öffentlichen Räumen. "Das Kreuz erinnert und an unsere christlichen Wurzeln und an Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Menschenwürde, die unser Zusammenleben prägen." Für Christen sei es ein "Zeichen der Hoffnung, der Versöhnung und der Liebe Gottes zu den Menschen".

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kritisiert das Urteil hingegen. "Allen denjenigen, die sagen, man soll die Kreuze abhängen, denen sagen wir: Wir wollen diese Kreuze aufhängen", sagte Dobrindt am Freitag bei Welt TV. Der Minister riet zu einem pragmatischen Umgang mit dem Urteil: "Dann hängt das halt über einen anderen Eingang."

Dobrindt: Grundverständnis des Zusammenlebens

Es gehe "schlichtweg um das Grundverständnis unseres Zusammenlebens", so Dobrindt. Und weiter: Das Kreuz drücke "mehr aus als den christlichen Glauben", nämlich "eine Wertehaltung dieser Gesellschaft". Er finde es richtig, dass viel von Toleranz gesprochen werde, gebe jedoch zu bedenken: "Die Grundlage der Toleranz ist der christliche Glaube. Das könnte man ja auch mal mit einem Kreuz zur Darstellung bringen."

Unterdessen will das Kultusministerium im Freistaat Konsequenzen aus dem Urtell für den Einzelfall prüfen. "Wir nehmen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Bayern zur Kenntnis und setzen uns intensiv mit dessen Begründung auseinander", erklärte Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) am Freitag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Das Ministerium verwies auf die historische Entwicklung des Gebrauchs von Kreuzen in Schulen im Freistaat. Anders als in Grund-, Mittel- und Förderschulen ist für Gymnasien nicht angeordnet, Kreuze in Klassenzimmern aufzuhängen. Dies liege daran, dass es dort schon in der Vergangenheit keine Vorschriften und auch keine Konflikte zur Anbringung von Kreuzen gegeben habe, hieß es. Eine gesetzliche Regelung sei daher bewusst nicht eingeführt worden, obwohl dies rechtlich möglich sei. Das Kreuz stehe auch für die Achtung von Menschenwürde, Toleranz und Nächstenliebe.

Am Mittwoch hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass das Kruzifix die negative Religionsfreiheit von zwei Schülerinnen verletzt habe, die das betreffende staatliche Gymnasium mittlerweile mit dem Abitur verlassen haben. Negative Religionsfreiheit meint die Freiheit, keinen bestimmten Glauben zu haben. Das Kreuz, ursprünglich ein antikes Folter- und Hinrichtungsinstrument, ist ein Erkennungszeichen von Christen weltweit. Eine bildliche Darstellung von Jesus Christus am Kreuz bezeichnet man als Kruzifix. (mal/KNA)

11.7., 13:45 Uhr: ergänzt um Statement der bayerischen Kultusministerin.