Familienbund unterstützt Eltern-Klage vor Bundessozialgericht

"Die Ungerechtigkeit endlich beseitigen"

Veröffentlicht am 29.09.2015 um 14:00 Uhr – Von Birgit Wilke (KNA) – Lesedauer: 
Familie

Berlin ‐ Eltern wollen vor dem Bundessozialgericht Freibeträge in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung erstreiten. Der Familienbund der Katholiken unterstützt die Klage. Präsident Stefan Becker zeigt sich im Interview zuversichtlich.

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Frage: Herr Becker, warum unterstützt Ihr Verband Familien, die gegen ihrer Ansicht nach ungerechte Sozialbeiträge klagen?

Becker: 2001 hat das Bundesverfassungsgericht im sogenannten Pflegeversicherungsurteil gesagt, dass Eltern in den sozialen Sicherungssystemen benachteiligt werden. Das Urteil galt damals nur für die Pflegeversicherung, verbunden war damit aber der Auftrag an den Gesetzgeber, Familiengerechtigkeit auch in anderen Bereichen, also in der Rentenversicherung und in der Krankenversicherung, zu prüfen. Geschehen ist bislang nichts. Diese Ungerechtigkeit wollen wir endlich beseitigen.

Frage: Würde sich das finanziell im Geldbeutel der Familien bemerkbar machen?

Becker: Wir fordern sehr konkret, einen Freibetrag für Eltern in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einzuführen. Solch einen Freibetrag gibt es ja schon im Steuerrecht für Familien. Wenn man das übertragen würde, wäre das eine monatliche Entlastung von rund 240 Euro pro Kind. Das ist genau die Summe, die Familien zur Zeit zu viel zahlen. Es muss klargestellt werden, dass die Erziehungsleistung einen ganz wesentlichen Beitrag in unserer Sozialversicherung darstellt.

Bild: ©KNA

Stefan Becker ist seit Oktober 2014 Präsident des Familienbunds der Katholiken in Deutschland.

Frage: Wie ist die Resonanz von Familien auf die Klagen?

Becker: Drei Musterklagen laufen. Mit unserer Aktion "Wir jammern nicht, wir klagen" haben wir Eltern aufgerufen, einen Antrag bei ihrer Krankenkasse auf Beitragsreduzierung zu stellen. Die Resonanz ist riesig. Wir haben mehr als 1.000 Familien, die mit unserer Hilfe einen solchen entsprechenden Antrag bei den Krankenkassen eingereicht haben. Damit können sie  - je nach Ausgang der Klagen  - die Rückzahlung zu viel gezahlter Beiträge sichern.

Frage: Wie geht es weiter?

Becker: Im Moment liegen die Klagen beim Bundessozialgericht. Das wird am Mittwoch entscheiden. Es prüft zunächst die Verfassungsmäßigkeit der Regeln der Sozialversicherung. Wenn das Bundessozialgericht die gesetzliche Regelung für verfassungswidrig hält, wird es automatisch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einholen. Hält das Bundessozialgericht die gesetzlichen Regelungen für verfassungsgemäß und damit unsere Klage für unbegründet, haben wir die Möglichkeit, weiterzugehen und den Klageweg auszuschöpfen. Dann werden wir unsererseits Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Wir fühlen uns da gut aufgestellt.

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Frage: Haben Sie auch Reaktionen von Politikern?

Becker: Ja, die gibt es. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn, der ja auch Finanzstaatssekretär ist, hat selbstkritisch festgestellt, dass das Verfassungsgerichts-Urteil von 2001 nur zaghaft umgesetzt wurde. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) meinte, dass Regelungen nachjustiert werden müssten.

Frage: Und die Familienministerin?

Becker: Aus dem Bundesfamilienministerium haben wir da noch keine Rückmeldung bekommen. Sicher wird man auch dort wie auch im zuständigen Bundessozialministerium erst mal schauen, wie das Bundessozialgericht entscheidet. Wir sind auch weiter im Gespräch mit Politikern. Man muss ja nicht unbedingt auf das Urteil des Bundessozialgerichtes oder des Bundesverfassungsgerichtes warten. Der Gesetzgeber kann ja durchaus auch schon vorher tätig werden.

Von Birgit Wilke (KNA)