Mayerling in Not

Das Areal sei akut vom Verfall bedroht, der Putz bröckle von den feuchten Wänden, kaum einer der rund 40.000 Touristen wolle noch für die Besichtigung zahlen, sagt die eigens engagierte Pressesprecherin Anna-Lena Fahrecker. Die Nonnen brauchen 1,6 Millionen Euro für die Neugestaltung der Schauräume und elementare Dinge wie Besuchertoiletten.
Es sei "eigentlich eine Schande", dass diese historische Stätte langsam verfalle, meint Pater Karl vom nahen Stift Heiligenkreuz. Priorin Mutter Regina betont, dass die seit Jahren sinkenden Einnahmen aus dem Tourismus nicht mehr ausreichten. "Die Wasserleitungen sind auch schon über 100 Jahre alt", sagt Fahrecker.
Beten für das Seelenheil der Toten
Kaiser Franz Joseph I. hatte nach der erschütternden Nachricht vom Selbstmord seines Sohnes - und vor allem dem Umstand, dass dessen Geliebte dabei den Tod fand - das Schloss in ein Kloster umwandeln lassen. Fortan sollten die Karmelitinnen für das Seelenheil der Toten beten. Der damalige Tatort, das Schlafzimmer, wurde zur Kapelle, an der Stelle des Bettes steht ein Hochaltar. Aus Sicht der Touristen ist das wohl recht unspektakulär. "Die meisten begnügen sich damit, vom Parkplatz aus ein Foto vom Gelände zu schießen", sagt Fahrecker.

Karmelitinenn beten im Berliner Karmel "Regina Martyrum".
Der Eintritt in die Schauräume würde drei Euro kosten. Zu sehen sind dort unter anderem der Abschiedsbrief des volksnahen und adelskritischen Rudolf und der Teppich aus dem Schlafzimmer, aus dem allerdings schon vor langer Zeit die Blutflecken des toten Paares gewaschen wurden, sowie der Kupfersarg der Baronesse Vetsera. Das Kaiserhaus hatte damals nichts unversucht gelassen, die Umstände des Todes des österreichisch-ungarischen Thronfolgers zu vertuschen. Wohl ein Grund dafür, dass bis heute zahlreiche Tat-Versionen kursieren.
Bundesland sagt 800.000 Euro für Sanierung zu
Lange hätten die Karmelitinnen geschwiegen und die Last des Erhalts des Geländes getragen, sagt Fahrecker. Die zehn Schwestern leben extrem zurückgezogen, ohne Radio, Fernsehen und Zeitungen. Doch jetzt war die Gemeinschaft mit ihrem Latein am Ende. Ein erster Hilferuf wurde vom niederösterreichischen Ministerpräsidenten Erwin Pröll (ÖVP) zumindest teilweise erhört. Er sagte 800.000 Euro seitens des Bundeslandes zu.
Den Rest wollen die Nonnen mit Spenden aufbringen. Das Geld diene keinesfalls dazu, die kargen Räume der Schwestern aufzuwerten, sagt Fahrecker. "Aber über den Umweg gesteigerter Einnahmen aus dem Tourismus könnten vielleicht auch die feuchten Wände in den Zellen erneuert werden."
Von Matthias Röder (dpa)