Israels Botschaft kritisiert Vatikan-Äußerungen zum 7. Oktober
Die israelische Botschaft beim Heiligen Stuhl hat Äußerungen von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zum Gaza-Krieg scharf kritisiert. Das jüngste Interview Parolins sei sicher gut gemeint, schreibt die Botschaft am Dienstag auf ihrem X-Account. Es berge aber die Gefahr, die Bemühungen zur Beendigung des Krieges in Gaza und zur Bekämpfung eines zunehmenden Antisemitismus zu untergraben.
Laut der Botschaft konzentrieren sich die Äußerungen des Kardinals auf die Kritik an Israel; die anhaltende Weigerung der Hamas, Geiseln freizulassen oder die Gewalt zu beenden, werde übersehen. Am meisten Besorgnis müsse eine problematische Verwendung moralischer Äquidistanz erregen, die dort nicht hingehöre, so die Botschaft. Als Beispiel führt sie die Verwendung des Begriffs "Massaker" sowohl für den "genozidalen Angriff der Hamas am 7. Oktober als auch für das legitime Recht Israels auf Selbstverteidigung" an. Es gebe keine moralische Äquivalenz zwischen einem demokratischen Staat, der seine Bürger schütze, und einer terroristischen Organisation, die darauf aus sei, sie zu töten, schreibt die Botschaft. "Wir hoffen, dass künftige Erklärungen diese wichtige Unterscheidung widerspiegeln werden."
Papst Leo XIV. hat die Äußerungen seines Staatssekretärs am Dienstagabend verteidigt. Bei der Rückkehr von seiner Residenz in Castel Gandolfo sagte er laut "La Repubblica" vor Journalisten: "Ich möchte mich dazu derzeit nicht äußern, der Kardinal hat die Meinung des Heiligen Stuhls sehr gut zum Ausdruck gebracht."
"Unmenschliches Massaker"
Zum zweiten Jahrestag des Angriffs der Hamas auf Israel hatten die Vatikanmedien am Montagabend ein Interview mit Parolin veröffentlicht. Darin bezeichnete er den Hamas-Angriff als unwürdiges und unmenschliches Massaker, das durch nichts zu rechtfertigen sei. Auf die Frage, warum der Krieg nicht ende, antwortete Parolin unter anderem: "Ebenso offensichtlich scheint mir, dass die internationale Gemeinschaft leider machtlos ist und dass die Länder, die bisher wirklich Einfluss nehmen konnten, dies nicht getan haben, um das derzeitige Gemetzel zu beenden." Im italienischen Original bezeichnete der Kardinal das Vorgehen der Hamas am 7. Oktober als "massacro" (Massaker), das Töten im Gaza-Krieg nennt er "carneficina" (Gemetzel oder Abschlachten). In der englischen Übersetzung wurde beides als "massacre" wiedergegeben.
In dem Interview forderte Parolin ein Ende "der perversen Spirale aus Hass und Gewalt" in der Region. Er bekräftigte die Verbundenheit des Vatikans mit israelischen Geiseln und ihren Familien und bezeichnete Antisemitismus als "Krebsgeschwür", das bekämpft und ausgerottet werden müsse.
Zugleich zeigte er sich "erschüttert und zutiefst betrübt" über die täglichen Todesopfer in Palästina und rief zu Vernunft auf. Jene, die angegriffen würden, hätten das Recht, sich zu verteidigen; aber auch legitime Verteidigung müsse das Prinzip der Verhältnismäßigkeit respektieren, so Parolin. Der Kardinal nannte es "inakzeptabel und ungerechtfertigt, Menschen auf bloße 'Kollateralschäden' zu reduzieren". (mtr/KNA)
7.10., 19:10 Uhr: Papst-Aussage hinzugefügt.
