Hilfe, wir sinken!
Wie sehr sie ihre Heimat, ihre Sitten und Gebräuche lieben, zeigen die Inselbewohner mit ebensolchen paradiesischen Südseefotos auf ihrer Facebook-Seite "Menschen des Pazifik". Doch es gibt auch eine andere Seite der südpazifischen Wirklichkeit: Durch den steigenden Meeresspiegel als Folge der globalen Erwärmung droht den Inseln der Untergang. Nicht erst 2020, 2030 oder welches Jahr auch immer in den internationalen klimapolitischen Verhandlungen zur Reduzierung von Emissionen genannt wird - sie versinken jetzt. Stück für Stück, Meter für Meter frisst sich das Meer in die Inseln.
Das Wasser ist schon da, bevor man es sehen kann; plötzlich fehlt wieder ein Stück vom Strand. Die Palmen stürzen schon vorher um, weil sie im aufgeweichten Boden den Halt verlieren. Felder und Wiesen versalzen, werden für die Landwirtschaft unbrauchbar. Menschen verlieren ihre Arbeit, ihr Einkommen, ihre Ernährungsgrundlage.
Mit allen Mitteln stemmen sich die Südsee-Insulaner gegen den Untergang, gegen die Aussicht, ihre Heimat verlassen zu müssen und zu Klimaflüchtlingen zu werden. Vergeblich. "Die errichteten Dämme im Meer sind gegen den steigenden Meeresspiegel weitestgehend wirkungslos, und in der Folge werden der kärglich vorhandene fruchtbare Boden und die Anbauflächen rapide zerstört", beschreibt das Exekutivkomitee der Föderation der katholischen Bischofskonferenz von Ozeanien (FCBCO) in ihrer Erklärung zur bevorstehenden internationalen Klimakonferenz in Paris die dramatische Lage.
Themenseite: Enzyklika "Laudato si"
Am 18. Juni 2015 wurde die Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus veröffentlicht. Sie beschäftigt sich vorrangig mit ökologischen Fragen. Katholisch.de hat alles Wichtige rund um das Schreiben zusammengestellt.Von den Politikern der Pariser Konferenz fordern die Bischöfe "mutiges, selbstloses, weitsichtiges politisches Handeln auf der Basis der Prinzipien der Gerechtigkeit und Fairness". Diese Prinzipien zum "Schutz der Atmosphäre und der Ozeane" habe Papst Franziskus in seiner Umwelt-Enzyklika "Laudato si" klar beschrieben. Was das konkret bedeutet, erläutert Victor Roche, Generalsekretär der FCBCO, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit einem knappen, aber präzisen Satz: "Wir fordern 1,5 Grad." Mit anderen Worten: Die Welttemperatur darf aus Sicht der Bischöfe um nicht mehr als 1,5 Grad Celsius steigen.
Mit dieser Forderung stehen die Bischöfe in einer Reihe mit den Regierungen und Bewohnern der Pazifischen Inseln - jedoch global betrachtet weitgehend allein. Der weltweite wissenschaftliche Konsens liegt bei zwei Grad als maximal akzeptablem Temperaturanstieg. Politisch ist selbst diese Zielgröße bislang nicht konsensfähig. Viele Staaten wollen überhaupt keine rechtlich verbindlichen Vorgaben zur Begrenzung des Klimawandels.
Einigung auf das Offensichtliche
Wie politisch isoliert die Inselstaaten mit ihrer 1,5-Grad-Forderung stehen, wurde im September beim "Pacific Islands Forum" in Port Moresby in Papua-Neuguinea deutlich. Australien und Neuseeland lehnten das 1,5-Grad-Ziel als gemeinsame Position der Pazifischen Staaten für die Pariser Konferenz rundweg ab. Die Staaten des Pazifischen Inselforums konnten sich in der gemeinsamen Abschlusserklärung nur auf das Offensichtliche verständigen: Die Inselstaaten gehörten zu den "verletzlichsten" Ländern und jenen, die "am wenigsten in der Lage sind, auf den Klimawandel zu reagieren und sich anzupassen", heißt es.
Kiribatis Präsident Anote Tong fasste das Ergebnis des Pazifischen Forums frustriert so zusammen: "Wir stimmen darin überein, dass wir nicht übereinstimmen." Enele Sopoaga, Ministerpräsident von Tuvalu, hingegen gab sich kämpferisch. Das Forum halte an dem 1,5-Grad-Ziel fest, betonte er und kündigte an: "Damit fahren wir nach Paris, und dafür kämpfen wir." Der Segen der ozeanischen Bischöfe wird die Klimakämpfer aus der Südsee begleiten.