"Machen wir Platz für Menschen in unserem Land, in unserer Gesellschaft, in unserer Kirche"

Bischof Feige fordert Willkommenskultur und kritisiert hohe Mieten

Veröffentlicht am 23.12.2025 um 18:53 Uhr – Lesedauer: 

Magdeburg/Essen/Berlin ‐ Weihnachten steht für Ankommen und Dazugehören: Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige erinnert an die Willkommensbotschaft des Festes. Warum es dabei auch um das Platz haben und den sozialen Wohnungsbau geht.

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Von Weihnachten geht laut dem Magdeburger Bischof Gerhard Feige eine große Willkommensbotschaft aus. "Christus im eigenen Leben eine Herberge zu geben, heißt zugleich aber auch, sich zu fragen: Für wen gibt es überhaupt Platz, in unserer Gesellschaft, in unserer Stadt, in unserem Land? Wer gehört dazu?", so Feige in seinem Weihnachtswort. Die Frage sei präsent in Politik und Gesellschaft ebenso wie in Kirchen und Familien.

"Machen wir Platz für Menschen in unserem Land, in unserer Gesellschaft, in unserer Kirche. Verpassen wir nicht die Chance, in ihnen Christus zu begegnen", appellierte der Bischof. "Gott ist Mensch geworden – da, wo es niemand vermutet hat. Im Antlitz des Anderen können wir Gott begegnen – gerade auch im Antlitz dessen, für den in unserer Gesellschaft kein Platz zu sein scheint. Denn auch für Gott war an jenen Tagen kein Platz."

Für jeden Menschen sei das Gefühl, einen Platz zu haben, dazuzugehören, von unschätzbarer Bedeutung, so der Bischof. Er kritisierte, dass der soziale Wohnungsbau vernachlässigt werde: "Mieten sind inzwischen so teuer, dass eine warme und trockene Wohnung zum Privileg statt zu einem Mindestmaß an Menschlichkeit geworden ist." Auch stelle sich die Frage, wo es noch ausreichend Platz in der Gesellschaft für Kinder, alte Menschen, Kranke, Bedürftige und Menschen mit einer Beeinträchtigung gebe. Zudem rief er zu einer offenen Willkommenskultur für Geflüchtete auf: "Die Unterscheidung 'wir und die anderen', 'die einen hier und die anderen dort' hat dann keine Bedeutung mehr."

Einfache Verhältnisse

Feige erinnerte daran, dass Gott an Weihnachten in ganz einfachen Verhältnissen, als Kind in einer Futterkrippe, Mensch geworden sei. "Indem er unser Menschsein annimmt, nimmt er uns als Menschen an - ohne Rücksicht auf unser Ansehen, unsere Leistungsfähigkeit oder unsere Kaufkraft." Vor Gott sei das alles nicht relevant. "Bei ihm ist für alle Menschen Platz. Die Grenzen der Dazugehörigkeit werden verschoben", so der Bischof.

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck mahnte mehr soziale Gerechtigkeit an. "Es braucht einen gerechten und verlässlichen Sozialstaat als Grundlage für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Vertrauen in die staatliche Ordnung", betonte Overbeck in seiner am Dienstag veröffentlichten Weihnachtsbotschaft. Nach den oft erbitterten Auseinandersetzungen über das jüngste Rentenpaket müsse es nun darum gehen, die Sozialversicherungen langfristig zu stabilisieren. "Dabei darf die jüngere Generation nicht überfordert werden, gleichzeitig muss Altersarmut zielgenau und wirksam bekämpft werden."

Nach den Worten des Bischofs fordert die biblische Weihnachtserzählung dazu auf, bedürftigen Menschen zu helfen. Konkret werde dies beispielsweise durch die Unterstützung von Menschen im Alter oder bei der Pflege. Deutschland sei eine Demokratie, "ein Rechtsstaat, der die Würde des Menschen nicht nur achtet, sondern an die oberste Stelle stellt", betont Overbeck. Deshalb gehörten Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, unbedingte Menschenwürde aller und der Sozialstaat zusammen – "und müssen gestaltet und immer wieder neu ausgerichtet werden".

Bischof Franz-Josef Overbeck bei einem Pressegespräch
Bild: ©KNA/Paolo Galosi/Romano Siciliani

"Es braucht einen gerechten und verlässlichen Sozialstaat als Grundlage für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Vertrauen in die staatliche Ordnung", betonte Franz-Josef Overbeck.

"Fürchtet euch nicht! Gott sagt sein großes Ja zu den Menschen" – das ist nach Worten der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, die zentrale Botschaft des Weihnachtsfestes. Das gelte es auch 2026 in Politik, Gesellschaft und Kirche mit Leben zu füllen. "Weihnachten fordert uns auf, Menschen in den Blick zu nehmen, deren Furcht wir in Hoffnung verwandeln können. Das betrifft zum Beispiel sozial Benachteiligte, Geflüchtete und politisch Bedrohte."

Allein der Blick auf die Wochen im Advent mache deutlich, wie wichtig verstärkte Anstrengungen für Frieden, Freiheit und Menschenwürde seien, so die ZdK-Präsidentin. "Noch immer kein Frieden für die Ukraine in Sicht. Noch immer kein Schweigen der Waffen in Gaza. Noch immer die quälende Ungewissheit von Tausenden und Abertausenden Menschen auf der Flucht: Wer wird uns aufnehmen?"

Weihnachten sei kein Fest der Idylle, erklärte Stetter-Karp. "Das Fest beginnt mit dem Schrei eines Neugeborenen, dessen Eltern unbehaust und ohne Hilfe sind. Dieser Schrei bringt Hoffnung in die Welt. Er antwortet auf die Schreie der Gequälten und Hoffnungslosen, die auf Erlösung warten", so die Präsidentin des Laien-Dachverbands. "Ich verstehe es so: Sich ihnen zu öffnen – das ist der Auftrag, der im Schrei des Kindes in der Krippe liegt." (cph/KNA)