Erstmals wurde ein Ehepaar heiliggesprochen

Ehering und Heiligenschein

Veröffentlicht am 17.10.2015 um 17:40 Uhr – Von Thomas Jansen und Andrea Krogmann (KNA) – Lesedauer: 
Heilige

Vatikanstadt ‐ Eheleute hatten bislang in der katholischen Kirche nur eine Chance, gemeinsam heilig zu werden: wenn sie als Märtyrer starben. Nun wurde erstmals in der Geschichte ein Ehepaar heiliggesprochen, weil es seine Ehe vorbildlich lebte.

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Am Sonntag wurde nun in Rom erstmals in der Geschichte ein Ehepaar heiliggesprochen, das nicht aus Hass auf den Glauben getötet wurde: die französischen Eheleute Louis (1823-1894) und Zelie Martin geb. Guerin (1831-1877), die Eltern der heiligen Therese von Lisieux (1873-1897).

Der zeitliche Zusammenfall mit der Bischofssynode über die Familie, die derzeit im Vatikan tagt, ist kein Zufall. Die Heiligsprechungen unterstreichen ein zentrales Anliegen dieser Bischofsversammlung: eine Kirche, die weniger belehrt und verurteilt, die mehr hilft, wirbt und motiviert, wenn es um Ehe und Familie geht. Als beste Motivation aber gelten oft Vorbilder. Und die katholische Version des Vorbilds ist der Heilige. Bislang musste man jedoch sehr weit zurückgehen, um hier für Ehepaare fündig zu werden. Benedikt XVI. etwa verwies in seiner Botschaft an den Weltfamilientag in Mexiko-Stadt 2009 auf den römischen Senator Gordiano und seine Frau Silvia aus dem sechsten Jahrhundert, die Eltern von Papst Gregor dem Großen.

Vorbilder für religiöse Kindererziehung

Wer sich in diesen Tagen in der römischen Kirche Santa Maria Maggiore umhört, erfährt, was die bevorstehende Heiligsprechung für Familien und Ehepaare bedeuten kann. Dort sind während der Synode die Reliquien des Ehepaars Martin und der heiligen Therese von Lisieux ausgestellt. "Es ist toll, eine Art moderner Familie zu haben, zu der man aufschauen kann", sagen Tom und Mikayla Venzor. Das junge Paar aus dem US-Bundesstaat Nebraska hat erst vor wenigen Tagen geheiratet und ist eigens nach Rom gereist, um den Segen des Papstes zu erhalten. In Santa Maria Maggiore beten beide vor den Reliquien der heiligen Therese und ihrer Eltern. Diese seien gewöhnliche Heilige, die zeigten, wie man seine Kinder im Glauben erziehen könne und sie zu Heiligen werden könnten, sagen sie.

Therese von Liseux ist eine der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche.
Bild: ©KNA

Therese von Liseux ist eine der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche.

Ursprünglich wollten Zelie und Louis gar nicht heiraten: Beide strebten zunächst den Eintritt in einen Orden an. Doch Zelie wurde wegen ihres fragilen Gesundheitszustands abgewiesen - und Louis, weil er kein Latein konnte. So lernten beide sich 1858 kennen und heirateten drei Monate später. Von ihren neun Kindern erreichten fünf Töchter das Erwachsenenalter; alle fünf schlugen den Weg ein, der ihren Eltern verwehrt blieb: Sie wurden Ordensfrauen.

Es ist nicht so, dass es bislang überhaupt keine heiligen Ehepaare und Familien gäbe. Bekannt sind etwa die Eltern der Gottesmutter Maria, der heilige Joachim und die heilige Anna. Doch beide wurden bereits vor der Einführung eines zentralen römischen Heiligsprechungsverfahrens 1588 als Heilige verehrt. Die wenigen Ehepaare, die danach in einem ordentlichen Verfahren heiliggesprochen wurden, gehören zu größeren Märtyrergruppen, die während der Christenverfolgungen in Japan und Korea getötet wurden.

Heiligsprechung unter Promi-Verdacht?

Ehering und Heiligenschein: Da gibt es einmal die frühchristlichen Märtyrerinnen, die nicht selten gerade deshalb Heilige wurden, weil sie sich standhaft weigerten, den Ehebund mit einem Heiden einzugehen; die heilige Agnes von Rom zum Beispiel. Dann gibt es solche Heilige, deren Ehemänner durch ihren frühen Tod den Weg für ein Ordensleben freimachten. Und es gab wohl das namenlose Gros derer, die einfach nur treue, fürsorgliche und fehlbare Gatten ohne Heiligenschein waren.

Ein Verdacht begleitete das Heiligsprechungsverfahren der Martins allerdings: Sie würden nur heiliggesprochen, weil sie die Eltern einer Heiligen seien, einer prominenten zumal. Bereits im Rahmen der Seligsprechungsfeier im französischen Lisieux 2008 wurde diese Mutmaßung ausdrücklich zurückgewiesen. Und auch wenn man Papst Franziskus beim Wort nimmt, muss man keine heilige Tochter haben, um als Ehepaar selbst heilig zu werden. Es reiche aus, wenn man jeden Tag zu "Opfer und Hingabe" bereit sei, twitterte Franziskus.

19.10.2015: aktualisiert um den Vollzug der Heiligsprechung und den Link dazu

Von Thomas Jansen und Andrea Krogmann (KNA)