Frankreichs Nationalikone
Am Beginn des 15. Jahrhunderts befanden sich Frankreich und England schon viele Jahrzehnte in einem zermürbenden Krieg um die Vorherrschaft in Europa. Der Hundertjährige Krieg (1337-1453) trat in seine zweite und entscheidende Phase. Als die Engländer Nordfrankreich eroberten und 1428 mit der Belagerung von Orleans begannen, sah es für Frankreich nicht gut aus.
In dieser verzweifelten Lage konnte die Franzosen nur noch ein Wunder retten. Und das schickte sich im Februar 1429 in Gestalt der Johanna von Orleans (1412-1431) an, eines siebzehnjährigen Mädchens in Ritterrüstung. Seit fünf Jahren wurde die Tochter des Jacques Tarc aus Domrémy an der Maas durch Stimmen des Erzengels Michael gedrängt, kämpfend in die Geschicke Frankreichs einzugreifen und Karl VII. zur Königskrone zu verhelfen.
Erfolg und Niedergang
Nun war für sie der Zeitpunkt gekommen: Johanna folgte ihren inneren Stimmen. Durch Vermittlung eines Verwandten wurde sie vom Ritter Robert de Baudricourt empfangen, der ihr eine kleine Begleitmannschaft zur Verfügung stellte. Mit dieser ritt sie mitten durch Feindesland, traf Karl VII. und sagte ihm die Rettung Frankreichs voraus. Karl gab ihr - wohl mehr aus Verzweiflung denn aus Überzeugung - eine kleine militärische Einheit und den Auftrag, einen Proviantzug nach Orleans durchzubringen.
Gedenktag: 30. Mai
Patronin von Frankreich, Rouen und Orleans; der Telegrafie und des RundfunksJohanna hatte Erfolg: Mit dem Mut der Verzweiflung und ihrer Unbekümmertheit erkämpfte sie sich den Zugang nach Orleans und zog am 29. April 1429 in die Stadt ein; auch der Belagerungsring wurde mit ihrer Hilfe am 8. Mai von innen her gesprengt. Es war die Wende in diesem Krieg; die Franzosen gewannen ihre Moral zurück und schlugen die Engländer in die Flucht. Karl VII. konnte am 17. Juli 1429 in der Kathedrale von Reims gekrönt werden; Johanna nahm, mit der Siegesfahne neben dem Altar stehend, an der Feier teil.
Schnell traten Neider auf. Der militärische Erfolg einer Frau war in der Männergesellschaft des Mittelalters nicht vorgesehen. Als sie sich anschickte, die Engländer auch noch aus Paris zu vertreiben und sich gegen die mit ihnen verbündeten Burgunder zu stellen, versagten die eigenen Leute ihr die Gefolgschaft. Daraufhin wandte sich auch der König gegen sie, sie wurde verraten und am 23. Mai 1430 von den Burgundern gefangen genommen und an die Engländer verkauft.
Von der Hexe zum Superweib
Die Engländer schalteten die Kirche ein. Einen Kriegsprozess gegen ein junges Mädchen konnten sie sich nicht leisten. Stattdessen musste ein anständiges Inquisitionsverfahren her. Der Bischof von Beauvais, Pierre Cauchon, wurde beauftragt, den Prozess gegen sie zu führen. Am 30. Mai 1431 wurde sie dann dem weltlichen Gericht überliefert und in Rouen zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt, ihre Asche wurde später in die Seine gestreut.
Doch mit dem Tod Johannas war ihre Geschichte nicht vorbei. Es begann vielmehr ihr Mythos. Und schließlich konnte König Karl VII. nicht zulassen, dass er seine Herrschaft einer Ketzerin und Hexe verdankte. 1456 ordnete der König die Revision des Strafprozesses an. Am 7. Juli 1456 wurde in Rouen nach sorgfältiger Prüfung das Urteil gegen sie aufgehoben und sie aller ihr zur Last gelegten Verbrechen für unschuldig erklärt. Johannas Unschuld war festgestellt und sie war damit nicht nur rehabilitiert, sondern wurde sogar zu Frankreichs Nationalheldin.
Ob in Drama, Roman, Film oder im Manga-Comic – Jeanne d'Arc erweist sich über alle Zeiten hinweg als Dauerbrenner. Im April 1909 kam Johanna schließlich auch zu kirchlichen Ehren: Nach der Seligsprechung durch Papst Pius X. wurde sie am 16. Mai 1920 durch Papst Benedikt XV. heiliggesprochen.