"Sie sollen sich nicht exkommuniziert fühlen"
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(...) 84. Getaufte, die nach einer Scheidung zivil wieder geheiratet haben, müssen auf verschiedene Weise stärker in die christliche Gemeinschaft integriert werden, wobei jeglicher Anlass zu Skandal vermieden werden soll. Die Logik der Integration ist der Schlüssel für seelsorgerische Begleitung. Sie sollen nicht nur wissen, dass sie zum Leib Christi gehören, der die Kirche ist, sondern dies auch freudig und produktiv erfahren. (...)
Man muss deshalb unterscheiden, welche Formen des Ausschlusses überwunden werden können, die derzeit im Bereich Liturgie, Seelsorge, Erziehung oder kirchliche Verwaltung praktiziert werden. Sie sollen sich nicht nur nicht exkommuniziert fühlen, sondern können leben und entfalten als Mitglieder einer Kirche, die sie erfahren wie eine Mutter; die sie stets mit offenen Armen aufnimmt; die sich liebevoll um sie kümmert und die auf dem Weg des Lebens und des Evangeliums begleitet.
Diese Integration ist vor allem notwendig für die Sorge und die christliche Erziehung der Kinder - die in diesem Kontext als das Wichtigste anzusehen sind. Wenn sich die christliche Gemeinde dieser Menschen annimmt, führt das nicht zu einer Schwächung ihres Glaubens und ihres Zeugnisses für die Unauflöslichkeit der Ehe - im Gegenteil: Die Kirche bringt gerade in dieser Fürsorge ihre Liebe zum Ausdruck.
85. Der heilige Johannes Paul II. hat umfassende Kriterien formuliert. Sie bleiben die Grundlage für die Einschätzung dieser Situationen. "Die Hirten sollen beherzigen, dass sie um der Liebe willen zur Wahrheit verpflichtet sind, verschiedene Situationen gut zu unterscheiden. Es ist ein Unterschied, ob jemand trotz aufrichtigen Bemühens, die frühere Ehe zu retten, völlig zu Unrecht verlassen wurde oder ob jemand eine kirchlich gültige Ehe durch eigene schwere Schuld zerstört hat. Wieder andere sind eine neue Verbindung eingegangen mit Blick auf die Erziehung der Kinder. Sie haben manchmal die subjektive Gewissensüberzeugung, dass die frühere, unheilbar zerstörte Ehe niemals gültig war." (Familiaris consortio 84). Es ist deshalb Aufgabe der Priester, gemeinsam mit dem Betroffenen diesen Weg der Unterscheidung zu gehen, gemäß der Lehre der Kirche und den Richtlinien des Bischofs.
Dabei wird es hilfreich sein, durch Schritte der Besinnung und der Buße das Gewissen zu prüfen. So sollten sich wiederverheiratete Geschiedene fragen, wie sie mit ihren Kindern umgegangen sind, als die eheliche Gemeinschaft in die Krise geriet; ob es Versuche der Versöhnung gab; wie die Situation des verlassenen Partners ist; wie sich die neue Partnerschaft auf die weitere Familie und die Gemeinschaft der Gläubigen auswirkt; wie ihre Vorbildwirkung auf die Jüngeren ist, die sich auf die Ehe vorbereiten. Eine ehrliche Besinnung kann das Vertrauen in Gottes Barmherzigkeit stärken, die niemandem verweigert wird.
Ferner kann nicht geleugnet werden, dass unter manchen Umständen "die Anrechenbarkeit einer Tat und die Verantwortung für sie vermindert oder sogar aufgehoben werden können" (Katechismus der katholischen Kirche, 1.735). Daher darf das Urteil über eine bestimmte Situation nicht zu einem Urteil über die "subjektive Anrechenbarkeit" führen. (...) In bestimmten Umständen wird es für Menschen sehr schwierig, anders zu handeln. (...) Die pastorale Unterscheidung muss diese Situationen zur Kenntnis nehmen (...)
86. Ein solcher Weg der Begleitung und der Unterscheidung kann diese Gläubigen zu einer Bewusstwerdung ihrer Situation vor Gott führen. Ein Gespräch mit einem Priester im Forum internum kann zu einem korrekten Urteil über das führen, was der Möglichkeit einer vollen Teilnahme am Leben der Kirche im Weg steht, und über die Schritte, die diese Teilnahme fördern und sie wachsen lassen können. Da es im Recht selbst keine Abstufung geben kann, wird eine solche Unterscheidung nie die Anforderungen von Wahrheit und Liebe außer Acht lassen können, die das Evangelium der Kirche vorgibt. (...)