Mit leisen und auch mal deutlichen Tönen
Mussinghoff, der am 29. Oktober 1940 in Osterwick nahe Coesfeld geboren wurde, hat sich in ganz verschiedenen Sachbereichen als Experte erwiesen. Seine ausgleichende Art dürfte dazu beigetragen haben, dass er lange Jahre stellvertretender Vorsitzender der Bischofskonferenz war. Und seit 1995 gehört der promovierte Kirchenrechtler dem obersten Kirchengericht an , der Apostolischen Signatur in Rom.
Eines seiner Herzensanliegen verbindet sich mit einem weiteren Amt auf Bischofskonferenz-Ebene: die Leitung der Unterkommission für die Beziehungen zum Judentum. Nach seiner Bischofsweihe am 11. Februar 1995 galt sein erster Besuch der jüdischen Gemeinde in Aachen - als Zeichen der Verbundenheit und Versöhnung. Als einmal Neonazis in der Stadt demonstrierten, setzte er ein stilles Protestzeichen und nahm am Sabbatgebet in der örtlichen Synagoge teil.
Mitunter wird Mussinghoff überraschend deutlich
Bei einem vielbeachteten Besuch in Polen bekannte er die Schuld der Kirche in der NS-Zeit und ein Versagen der deutschen Bischöfe, die den "Angriffskrieg auf das katholische Land Polen" nicht laut verurteilt hätten.
Auch wenn Mussinghoff ein Mann der eher leisen Töne ist, so wird er mitunter überraschend deutlich: So bedauerte er den von Papst Johannes Paul II. verfügten Ausstieg der Kirche aus der gesetzlichen Schwangerenkonfliktberatung mit Ausstellung des Beratungsscheins. Auch die Entscheidung von Papst Benedikt XVI., die Exkommunikation der Piusbruderschaft-Bischöfe aufzuheben, sieht er mit Skepsis, ähnlich die neu formulierte Karfreitagsfürbitte.
Mussinghoff zieht eine positive Bilanz, spricht von einer guten und bewegten Zeit in Aachen. Dabei verschweigt er nicht die Schwierigkeiten wie weniger Katholiken und Priester oder die Finanzkrise, welche die Diözese 2003 erwischte. Innerhalb von drei Jahren senkte sie den Haushalt um 60 Millionen Euro, was schmerzliche Stellenstreichungen bedeutete. Der Bischof hat die "schweren Zeiten" und das harte Ringen um Lösungen nicht vergessen.
Trotz aller Krisen und Probleme wehrt er sich dagegen, in Missmut zu verfallen. "Ich fürchte nicht die kleiner werdende Zahl", betont er. Bedenklich sei vielmehr, in eine nörgelnde Stimmung zu verfallen. Demgegenüber gelte es, die Freude des Evangeliums zu leben. Überhaupt habe das Christentum einen nach wie vor hohen Stellenwert in der Gesellschaft. "Die Wurzeln sind da", hebt er hervor und verweist darauf, welche Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe die aktuelle Flüchtlingskrise an der Kirchenbasis geweckt habe.
Gegen den Einwand aus Rom
Mussinghoff trägt noch andere Punkte in seine persönliche Bilanz ein. Um die Priester zu entlasten - ihre Zahl hat sich in 20 Jahren halbiert - hat er die von seinem Vorgänger Klaus Hemmerle angestoßene Reform der Gemeindeleitung umgesetzt. Die 540 Pfarreien zu Beginn seiner Amtszeit führte er zu 71 "Gemeinschaften der Gemeinden" zusammen.
Unter den verschiedenen Formen der Gemeindeleitung gibt es ein Modell, in dem Pfarrer sowie gewählte Ehrenamtliche ein Team bilden. Daran hielt der Bischof trotz römischer Einwände fest, wie Mussinghoff nicht ohne einen gewissen Stolz betont. Zusammenarbeit ist für ihn der Schlüssel für die künftige Seelsorge. Nur so könnten die Katholiken künftig Präsenz zeigen und "Kirche in Rufnähe" bleiben.