An Allerheiligen 1945 starb der Jesuit Rupert Mayer

Selbst im Tod nicht umgefallen

Veröffentlicht am 03.11.2018 um 00:01 Uhr – Von Barbara Just (KNA) – Lesedauer: 

München ‐ Der tödliche Gehirnschlag trifft ihn, doch er bleibt aufrecht - wie er es zeitlebens war: als unbeugsamer Prediger gegen die Nazis und tatkräftiger Sozialapostel: Heute ist der Gedenktag des seligen Jesuitenpaters Rupert Mayer.

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Allerheiligen 1945 in München. Obwohl gesundheitlich angeschlagen, hält der Jesuit Rupert Mayer in der kleinen Kreuzkapelle neben der zerstörten Michaelskirche den Acht-Uhr-Gottesdienst. Der 69-Jährige verliest das Evangelium von den Seligpreisungen und stellt dann die Eucharistie in die Mitte seiner Predigt. Aus dieser "Nahrung" schöpften die Menschen ihre Kraft zum Einsatz für den Nächsten. "Es ist der Herr", sagt der Pater mit kräftiger Stimme, doch er bringt den Satz nicht zu Ende. Zweimal noch sind leise die Worte "der Herr, der Herr" zu vernehmen.

Dann ist es totenstill in der Kapelle, wie Rita Haub in ihrer Biografie über den Ordensmann notiert. Alle schauen nur noch auf den Prediger, der da vorn in der Kirche weiter steht - verstummt, aber aufrecht. Seine Prothese, die er seit einer Verletzung und einer anschließenden Amputation des linken Beines im Ersten Weltkrieg trägt, hält ihn. "Selbst im Tod ist Pater Mayer nicht umgefallen", werden später die Münchner sagen und damit die Lebensleistung eines Mannes würdigen, der schon früh gegen die Nationalsozialisten kämpfte und sich für Arme und Schwache einsetzte.

Tausende erweisen ihm die letzte Ehre

Zwei Mitbrüder tragen den Bewusstlosen in vollem Ornat in ein nahes Zimmer. Eine im Gottesdienst anwesende Ärztin stellt einen Gehirnschlag fest. Mayer wird in eine Klinik eingeliefert, wo er um 11.10 Uhr verstirbt. Die Nachricht vom Tode des Münchner Sozialapostels verbreitet sich schnell. In den nächsten Tagen strömen Tausende zum im offenen Sarg aufgebahrten Pater. Genauso viele mögen es auch gewesen sein, als am 4. November in Pullach das Requiem für den Verstorbenen stattfindet und dieser anschließend auf dem dortigen Ordensfriedhof begraben wird.

Im Mai 1945, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, war der Jesuit aus dem oberbayerischen Kloster Ettal ins zerbombte München zurückgekehrt. Seit 1940 hatte er bei den Benediktinern Zuflucht gefunden, nachdem die Kirchenleitung den körperlich geschwächten Mann nach mehrmaligen Verhören und einer Inhaftierung im KZ Sachsenhausen aus der Schusslinie der Nazis genommen hatte. Nun setzte er sich wieder als Präses der Marianischen Männerkongregation für die Belange der Menschen ein.  

Pater Rupert Mayer SJ bei der Münchener Fronleichnamsprozession.
Bild: ©KNA

Pater Rupert Mayer SJ als Präses der Marianischen Männerkongregation bei der Münchener Fronleichnamsprozession.

In vielerlei Nöten wandten sich die Münchner an den "Fünfzehnten Nothelfer": wenn sie eine Wohnung suchten, Kleidung oder etwas zu essen brauchten oder Hilfe bei der Entnazifizierung. Der Jesuit beantwortete Bittbriefe und ging selber zu Ämtern, um sich vermittelnd einzuschalten.

Mayer stammte aus einer Stuttgarter Kaufmannsfamilie. Seine Eltern ermöglichten ihm und den fünf Geschwistern eine umfassende Bildung, einschließlich Geigenunterricht und Reitstunden. Nach dem Abitur studierte er Theologie im schweizerischen Freiburg, in München und Tübingen. 1899 folgte in Rottenburg die Priesterweihe. Ein Jahr später entschied sich der Schwabe für den Eintritt bei den Jesuiten im österreichischen Feldkirch und kam schließlich 1912 nach München. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, meldete er sich freiwillig als Feldgeistlicher.  

„Ich werde ihnen ganz klar sagen, dass ein deutscher Katholik niemals Nationalsozialist sein kann.“

—  Zitat: P. Rupert Mayer SJ

Die Not der Menschen lindern und das Wort erheben, wo es nötig ist, lautete seine Maxime. So schwieg der Ordensmann auch nicht, als die Nazis die Macht übernahmen: "Ich werde ihnen ganz klar sagen, dass ein deutscher Katholik niemals Nationalsozialist sein kann."

Zu diesem NS-Widerstandskämpfer und seit 1987 seliggesprochenen Mann strömen die Menschen noch heute. Sein Grab in der Krypta der Bürgersaalkirche liegt mitten in der Münchner Fußgängerzone. Hier finden sie Ruhe vor dem Trubel in Europas beliebtester Einkaufsmeile, nehmen sich Zeit für ein Gebet, stellen eine Opferkerze auf und berühren mit der rechten Hand die Bronzebüste des Paters.

Als "entschiedenen und unerschrockenen Kämpfer für die Wahrheit des Glaubens und für die Rechte der Kirche" rühmte ihn Johannes Paul II. In Zeiten großer Not habe er in vielen als "Vater der Armen" neue Hoffnung geweckt. Auf eine Heiligsprechung hoffen indes seit Jahren auch seine Verehrer. Vielleicht nimmt sich Papst Franziskus ja seines Mitbruders an.

Hinweis: Dieser Text wurde ursprünglich am 01. November 2015 veröffentlicht

Von Barbara Just (KNA)

Gebet des sel. Rupert Mayer

Alle unsere Anmutungen und Vorsätze,
alle unsere Schwierigkeiten und Versuchungen,
alle unsere Kämpfe und Leiden,
alle unsere Sorgen und Ängste
legen wir mit unermesslichem,
unerschütterlichem Gottvertrauen nieder
in das Herz unseres Erlösers.

Wenn Gott mit uns ist,
wer ist dann gegen uns?

(Quelle: Erzbistum München und Freising)