Gastbeitrag von Bischof Stefan Oster zum Christkönigsfest

Jesus ist der König

Veröffentlicht am 22.11.2015 um 00:01 Uhr – Von Stefan Oster SDB – Lesedauer: 
Christkönigsfest

Passau ‐ Am letzten Sonntag des Kirchenjahres feiert die katholische Kirche das Christkönigsfest. Das Fest lenkt den Blick auf Jesus Christus. In einem Gastbeitrag erklärt der Passauer Bischof Stefan Oster Christkönig und seine Bedeutung.

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Ein zentraler Inhalt der Verkündigung Jesu ist die Ankündigung des Reiches Gottes. Seine ersten Worte im Markus-Evangelium sind programmatisch: "Die Zeit ist erfüllt. Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium" (Mk 1,15), so die Ansage nach der Einheitsübersetzung. Im griechischen Original steht hier: Königreich Gottes. Es geht also um ein Reich, in dem Gott der König ist, in dem Gott herrscht. Was ist dieses Reich? Jesus macht es in zahlreichen Bildern und Gleichnissen deutlich - und zugleich bekräftigt er die Ankunft dieses Reiches mit machtvollen Zeichen und Wundern des Heils und der Heilung, der Fülle, der Vergebung, des Friedens.

Dabei zeigt er, dass es immer und in allem um Beziehung geht, um die Qualität von Beziehung und damit um den Zustand unseres Herzens, unseres Beziehungsorganes zu Gott, Welt und uns selbst. Dort, wo im menschlichen Herzen Gott der Primat eingeräumt wird, wo der Mensch lernt, Gott in Ehrfurcht zu begegnen, ihn mit ganzem Herzen zu lieben und ihm in seinem Herzen die Herrschaft zu überlassen, dort wächst Gottes Reich, von innen her und zwischen den Menschen. Deshalb ist das Königreich Gottes zugleich eine innere und eine äußere Wirklichkeit. Es ist das Reich, in dem im Herzen der Menschen und eben zugleich zwischen den Menschen Gott gegenwärtig ist und herrscht.

Jesus ist gekommen, um den Menschen aus seiner Egozentrik zu befreien

Jesus ist gekommen, um den Menschen aus seiner Egozentrik zu befreien und ihm dieses Reich wieder zu eröffnen. Er hat für uns sein Blut gegeben, ist als das Opfer reinster Liebe gestorben, damit wir einen neuen Zugang finden in das Reich, in dem er selbst König ist. Dieses Reich ist "nicht von dieser Welt" (Joh 18,36) - und beginnt doch mit ihm, mit Jesus, mitten in dieser Welt. Es beginnt dort, wo Menschen sich so auf Jesus einlassen, dass sie einen neuen, inneren Zugang finden zum tiefsten Sinn, zur tiefsten Wahrheit ihres Lebens - und zu einer Liebe, die nicht besitzergreifend, sondern zuerst und zutiefst bejahend und freigebend ist. Sie finden Zugang ins Herz Gottes.

Pater Stefan Oster lacht vor dem Einzug in den Stephansdom im Hintergrund lachen Bischöfe.
Bild: ©KNA

Stefan Oster ist seit 24. Mai 2014 Bischof von Passau.

Das vom Herrn selbst geschenkte Eingangssakrament in das Reich Gottes ist die Taufe, die sich im Glauben an Ihn verwirklicht und vollzieht. Der Getaufte ist hineingenommen in die Zugehörigkeit zu Jesus und hat die Gabe und Aufgabe, dieses Geschenk der Zugehörigkeit im Glauben zu leben und zu bewähren. Im Gehen des Weges, so die Erfahrung und Überzeugung der christlichen Tradition, wächst und reift die Liebesfähigkeit. Sie nährt sich vom Stehen unter dem Kreuz, sie nährt sich von der eucharistischen Hingabe des Herrn. Der Gläubige nimmt den Herrn immer neu in sich auf und antwortet mit Vertrauen auf seine Gegenwart und mit liebendem Wirken in der Welt.

Dabei bleibt der Mensch auch hineingestellt mitten in eben diese Welt mit ihren guten und schönen, mit ihren unguten und hässlichen Seiten. Er bleibt in der erlösungsbedürftigen Welt und bleibt in bestimmter Hinsicht auch immer von neuem selbst erlösungsbedürftig. Er bleibt also auch in einer Welt, die in ihren dunklen Seiten mit Gott nichts zu tun haben will. Sie hat nach dem Johannes-Evangelium ihren eigenen Herrscher (Joh 14,30). Über Jesus selbst hat er keine Macht, aber der Mensch ist hineingestellt in dieses Ringen Jesu um die Seinen. Der eigentliche Schauplatz dieses Ringens ist das Menschenherz. Es bedarf immer neu der Reinigung, der Umkehr, der Hinwendung zum Herrn. Das Sakrament der Versöhnung eröffnet für den Christen immer neu und immer wieder den Zugang zum Reich Jesu.

Die Gemeinschaft der Glaubenden, die Kirche, ist in der Tiefe die Gemeinschaft derer, die Jesus kennen, die ihn lieben, die mit ihm leben (1 Kor 16,22). Sie ist die Gemeinschaft, in der Reich Gottes schon angebrochen ist, auch wenn die Kirche selbst beständig im Ringen ist, ihr Verhältnis zu einer nur weltlichen Welt zu verstehen und zu leben. Die Kirche, sofern sie vom Herrn als die Gemeinschaft derer gegründet ist, die die Welt und die Menschheit mit Gott versöhnen soll, ringt ebenso wie jeder Mensch beständig um das rechte Verhältnis zu den Reichen dieser Welt, in denen andere Könige herrschen: politische Macht, ökonomische Macht, die Gier nach Anerkennung, Besitz, Vergnügen. "Bei euch aber soll es nicht so sein, sagt Jesus den seinen, wer bei euch herrschen will, soll der Diener aller sein" (Mk 9,35). Die Königsherrschaft ist Herrschaft der Liebe und der Wahrheit, der Aufrichtigkeit und der Demut. Sie ist auch im Herzen des einzelnen Menschen nicht realisierbar ohne das Kreuz. Der Gekreuzigte ist der König des Reiches der Liebe: In seiner Hingabe in den Tod liegt die Quelle des neuen Lebens, des neuen Bundes, der neue Zugang zum Reich Gottes.

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Video: © katholisch.de

Wer war Jesus Christus? - Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger".

Das Christkönigsfest wird am Ende des Kirchenjahres gefeiert. Die biblischen Texte der Liturgie zum Ende des Jahres hin sind auch endzeitliche Texte. Sie erzählen von der zu Ende gehenden Welt, die in apokalyptischen Szenarien von Krieg und Katastrophen gezeichnet ist. Der in der Schrift gezeichnete endzeitliche Gang der Dinge ist gekennzeichnet von der sich gegen Gott aufbäumenden nur weltlichen Welt und den Zeichen der herannahenden, richtenden und aufrichtenden Ankunft des Erlösers und Weltenrichters. Jesus ist der König und der, der die Sünde vergibt, aber den in der Sünde Verharrenden richtet, der die Welt aufatmen lässt und der einen neuen Himmel und eine neue Erde herbeiführen wird. Er ist und bleibt der König.

Bekenntnissonntag für den eigentlichen Herrn der Welt

Das im Jahr 1925, nach dem Zusammenbruch mehrerer Königreiche Europas eingeführte Fest, erlangte in Deutschland besonders in der Zeit des Nationalsozialismus herausragende kirchliche Bedeutung. Vor allem die Jugend versammelte sich an Christkönig, um an diesem Tag als Bekenntnissonntag mit Prozessionen und Gottesdiensten den eigentlichen Herrn der Welt zu feiern.

Und so machen Christen mit der Feier ihres Königs in dieser Tradition bis heute deutlich, dass auch ihre eigentliche Heimat "nicht von dieser Welt" ist, dass sie im Status der Pilgerschaft unterwegs sind - von einem Reich in dieser Welt hinein in das Reich des eigentlichen Königs; von einer weltlichen Welt, in der keiner ihrer Herrscher von Christen absoluten Gehorsam beanspruchen kann und darf, hinein in das Reich, das schon angebrochen ist und in dem derjenige herrscht, dem der "Gehorsam der Völker gebührt" (Gen 49,10).

Der Autor

Stefan Oster SDB ist seit 2014 Bischof von Passau. Außerdem ist er Mitglied der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste und der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz.
Von Stefan Oster SDB