Bolivien ist Beispielland der diesjährigen Sternsinger-Aktion

Im Herzen der Anden

Veröffentlicht am 28.12.2015 um 00:01 Uhr – Von Joachim Heinz (KNA)  – Lesedauer: 
Hilfswerke

La Paz  ‐ Kurz nach Weihnachten ziehen die Sternsinger wieder durch die Straßen. Die Mädchen und Jungen sammeln Geld für Kinder in den armen Ländern des Südens. Beispielland der 58. Aktion Dreikönigssingen ist Bolivien.

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Es dauert eine Weile, bis der Reisende begreift, dass die Wohlhabenden hier nicht auf die Ärmeren herabschauen, sondern dass die begehrtesten und teuertesten Grundstücke wegen des rauen Klimas und der dünnen Luft deutlich tiefer liegen. Verkehrte Verhältnisse in einem Land, das es eher selten hierzulande in die Schlagzeilen schafft.

Daran wollen rund 300.000 Mädchen und Jungen in den Tagen um das Dreikönigsfest am 6. Januar etwas ändern. Bundesweit ziehen sie dann wieder als Heilige Drei Könige verkleidet durch die Straßen. Auf Haustüren schreiben sie den mit der jeweiligen Jahreszahl verbundenen Segenswunsch "C+M+B" ("Christus mansionem benedicat" / "Christus segne dieses Haus"). Und sammeln bei ihren Besuchen Geld für Heranwachsende in den armen Ländern des Südens.

"Fast jeder zweite Bolivianer lebt unterhalb der Armutsgrenze"

Diesmal ist Bolivien Beispielland der weltweit größten Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder. "Fast jeder zweite Bolivianer lebt unterhalb der Armutsgrenze. Dafür wollen wir ein Bewusstsein schaffen, aber zugleich auch zeigen, wie man dem Problem begegnen kann", sagte der Präsident des Kindermissionswerks "Die Sternsinger", Klaus Krämer, im Interview. Das Kindermissionswerk organisiert zusammen mit dem katholischen Jugenddachverband BDKJ die Aktion Dreikönigssingen.

Klaus Krämer ist Präsident des katholischen Hilfswerks "missio" und des Kindermissinswerks "Die Sternsinger".
Bild: ©Steffen/Kindermissionswerk

Klaus Krämer ist Präsident des katholischen Hilfswerks "missio" und des Kindermissinswerks "Die Sternsinger".

Von den Spenden - beim vergangenen Mal kamen immerhin fast 45,5 Millionen Euro für rund 1.600 Projekte in Afrika, Lateinamerika, Asien, Ozeanien und Osteuropa zusammen - profitiert auch die Sozialeinrichtung Palliri in El Alto. Rund 400 Kinder und Jugendliche sollen in einem Kindergarten, einem Jugendzentrum und einer Fußballschule fit gemacht werden für das Leben in einer Großstadt, in der ihre Eltern, die meist vom Land hierher gezogen sind, Tag für Tag um das Allernötigste kämpfen müssen.

"Wir legen großen Wert darauf, dass die Kinder bei Palliri Selbstvertrauen entwickeln", sagt Leiterin Isabel Sejas de Gil. "Wenn die Kinder sich selbst respektieren, können sie auch andere respektieren." Das passt zum Motto der diesjährigen Sternsinger-Aktion "Respekt für Dich, für mich, für andere". Und ist eine Antwort auf die Herausforderungen in El Alto, das auf dem Weg zu einer Millionenstadt ist und wo Konflikte immer wieder mit Waffengewalt ausgetragen werden.

Das Image von Präsident Evo Morales hat Kratzer bekommen

Einer, der antrat, um soziale Ungerechtigkeit zu bekämpfen und vor allem die Belange der Indigenen zu vertreten, residiert in La Paz. Doch das einst strahlende Image von Präsident Evo Morales hat Kratzer bekommen. Für heftige Debatten sorgte in diesem Jahr der "Fondo Indigena". Aus dem im August aufgelösten Entwicklungsfonds für Kleinbauern und indigene Organisationen sollen bis zu 102 Millionen Bolivianos (13,2 Millionen Euro) in schwarze Kanäle versickert sein. Mehrere Verantwortliche sitzen bereits in Untersuchungshaft, darunter prominente Politiker wie die ehemalige Ministerin für ländliche Entwicklung, Julia Ramos.

Bild: ©picture alliance / dpa

Evo Morales ist seit dem 22. Januar 2006 Präsident Boliviens.

Daneben hat Bolivien auch mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Aufgrund der anhaltenden Hitze ist derzeit der Poopo-See, ein Salzsee im Herzen des Andenstaates, zum zweiten Mal nach 1994 fast völlig ausgetrocknet. "Die Folgen sind katastrophal", berichtet Irene Tokarski von der Fundacion Jubileo in La Paz, die sich mit Unterstützung aus den beiden Bistümern Trier und Hildesheim für die Belange von sozial Benachteiligten in Bolivien einsetzt.

Schon seit dem vergangenen Jahr gebe es keine Fische mehr in dem See, so Tokarski. "Rund 2.000 Fischerfamilien haben ihre Lebensgrundlage verloren." Wer auf dem Land kein Auskommen mehr findet, der zieht in die Städte. So werden auch die Elendsquartiere von El Alto weiter wachsen. Und im Talkessel von La Paz steigt der Druck, Lösungen für die vielen Probleme zu finden, vor denen Bolivien steht.

Von Joachim Heinz (KNA)