Caritas-Projekt bringt Fluchterlebnisse auf die Bühne

Integration auf den Brettern

Veröffentlicht am 24.01.2016 um 13:20 Uhr – Von Maike Müller (KNA) – Lesedauer: 
Das Theater Mondial führt das Stück "Tür auf" am 21. Januar 2016 in Bonn auf
Bild: © KNA
Flüchtlinge

Bonn ‐ Kulturen begegnen sich, Welten prallen aufeinander: Im "Theater Mondial" der Caritas Bonn spielen einheimische Darsteller an der Seite von jungen Geflüchteten. Im Stück geht es um die Suche nach Heimat und das Kennenlernen einer neuen Kultur.

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Dieses Gefühl kennen Sooz Al Ali und Komeil Safari aus eigener Erfahrung. Vor wenigen Jahren flüchteten sie aus ihren Heimatländern Syrien und Iran. Ihre Erlebnisse haben sie nun am Donnerstagabend mit dem Projekt "Theater Mondial" der Caritas Bonn auf die Bühne gebracht. Der vielsagende Titel ihres Stücks: "Tür auf".

"Als ich nach Deutschland gekommen bin, kannte ich auch niemanden. Ich hatte keine Freunde", berichtet Sooz Al Ali am Rande der Aufführung von ihrer ersten Zeit nach der Flucht vor zwei Jahren. "Aber danach wurde es langsam besser." Ähnliches haben auch die anderen Laien-Schauspieler erlebt, als sie aus Guinea, dem Iran oder Syrien geflohen sind. "Wir wollten diese jungen Menschen zusammenbringen", erklärt die Leiterin des Caritas-Projekts, Lena Erdogan. Es gehe zum einen darum, die Vergangenheit zu verarbeiten. "Aber im Vordergrund stehen die Begegnungen von verschiedenen Kulturen und Persönlichkeiten."

"Bei uns nennt man das Berliner"

So begegnen sich auf der Bühne in der Familienbildungsstätte Deutschland und die Welt - nicht unbedingt harmonisch. Kulturen prallen aufeinander. Etwa wenn Natalia die Rentner Herbert und Margarete zum Tee einlädt. Die Syrerin bieten den Besuchern Teilchen an und erklärt: "Das sind Baklava." - "Bei uns nennt man das Berliner", beharrt Herbert. Das internationale Kaffeekränzchen artet in ein hitziges Gespräch mit einer Kette von Missverständnissen aus. Am Ende zieht der Senior eine ernüchterte Bilanz: "Die klauen uns nicht nur die Arbeitsplätze, die sind auch noch laut."

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Video: © katholisch.de

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße ist der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für die Flüchtlingshilfe. Zu seinen Aufgaben zählt die Koordinierung und Vernetzung der zahlreichen Hilfsprojekte etwa der Caritas in den Diözesen.

Vor einem Jahr hat die Caritas in Bonn das Projekt "Theater Mondial" ins Leben gerufen und mit den Proben begonnen. Die Werbetrommel dafür hat Erdogan direkt in den Flüchtlingsheimen gerührt. Doch nicht nur Asylsuchende begeisterten sich für die Idee, sondern auch junge Deutsche: Integration auf den Brettern.

Auf der Bühne wächst die Gruppe langsam zusammen. Rasch entwickeln sich Freundschaften zwischen den Akteuren. Sie entdecken schnell, dass jeder von ihnen noch offene Wünsche und Träume hat. Das reicht von Alltäglichkeiten wie der Waschmaschine für die WG über Linderung der Rheumabeschwerden bis hin zu: endlich ankommen und eine sichere Heimat finden.

Die Zuschauer singen spontan mit

Das selbstentwickelte Stück der jungen Schauspielgruppe kommt bei dem international gemischten Publikum gut an. Bei den arabischen Wiegenliedern von Natalia für ihren kleinen Sohn stimmen einige Zuschauer mit ein. Und nach dem knapp einstündigen Stück häufen sich die Anfragen: Mitarbeiter von Freiwilligenvereinen oder Einrichtungen bitten um erneute Aufführungen. So auch Anne Kelz. "Ich bin begeistert, was die jungen Leute hier auf die Beine gestellt haben. Das wünsche ich mir auch für das Begegnungscafe, in dem ich arbeite", sagt sie.

Themenseite: Auf der Flucht

Ob Naturkatastrophen, Armut oder Terror: Täglich verlassen Menschen ihre Heimat, um anderswo ein neues, ein besseres Leben zu beginnen. Die Flüchtlinge kommen auch nach Deutschland. Das bedeutet eine große Herausforderung für Politik, Gesellschaft und Kirche.

Auch in anderen Städten, etwa in Köln oder Hamburg, gibt es Theaterprojekte mit Flüchtlingen. Die Stuttgarter Opernsängerin Cornelia Lanz gründete unlängst den Verein "Zuflucht und Kultur" und bezieht Flüchtlinge auf diese Weise mit in ihre Opernarbeit ein.

Der Stolz der jungen Schauspieler in Bonn ist nach der Aufführung kaum zu übersehen. Manche Besucher fragen sogar nach Selfies mit dem Ensemble. Auch Sooz Al Ali bestärkt der Erfolg: Sie will im Projekt weitermachen - auch, um ihr Deutsch weiter zu verbessern und an der Uni studieren zu können. Die Integration reicht weit über die offene Bühne hinaus.

Von Maike Müller (KNA)