Kurienkardinal und Nahost-Experte Fernando Filoni wird 70

Ein Mann für schwierige Missionen

Veröffentlicht am 15.04.2016 um 00:01 Uhr – Von Christoph Schmidt (KNA) – Lesedauer: 
Kurienkardinal Fernando Filoni.
Bild: © KNA
Vatikan

Rom ‐ Im Vatikan ist er einer der besten Orientexperten und Leiter der wichtigen Missionskongregation: Kardinal Fernando Filoni. Für den Papst war er als Botschafter in Krisengebieten unterwegs. Heute feiert der "Nuntius Courage" seinen 70. Geburtstag.

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Gerade dann sei sie gefordert und stehe an der Seite der Menschen. Am Freitag (15. April) feiert der furchtlose Kurienkardinal und "Nuntius Courage" seinen 70. Geburtstag. Geboren 1946 im süditalienischen Manduria, hat Filoni die Folgen von Krieg und Zerstörung in seiner Kindheit selbst erfahren. Mitten im rasanten gesellschaftlichen Wandel seines Landes schlägt er die Kirchenlaufbahn ein, wird 1970 zum Priester geweiht und promoviert in Philosophie und Kirchenrecht. Anfang der 1980er Jahre tritt er in den diplomatischen Dienst des Vatikan ein. Sri Lanka und der Iran während des iranisch-irakischen Krieges (1980-1988) sind seine ersten Stationen. In Brasilien und auf den Philippinen lernt er zwei der wichtigsten Länder der Weltkirche kennen. Eine andere Basis ist Hongkong, wo er die schwierigen Gespräche mit der Volksrepublik China koordiniert und diplomatischen Schliff entwickelt.

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In der kirchlichen Statistik stehen die Katholiken Asiens weit unten. Gerade 3,2 Prozent der vier Milliarden Bewohner des Kontinents sind katholisch, in Afrika sind es immerhin 18,6 Prozent, in Europa 40 und in Amerika sogar 63 Prozent. Freilich ist die Kirche in der Welt zuletzt fast nirgendwo so stark gewachsen wie in Asien.

2001 entsendet Johannes Paul II. den polyglotten Diplomaten als Botschafter in den Irak und nach Jordanien und spendet ihm persönlich die Bischofsweihe. Die weltpolitische Eskalation nach dem 11. September beobachtet Filoni in Bagdad und versucht im Auftrag des Papstes den Krieg zu verhindern. Bis zuletzt setzt der Vatikan auf Frieden und Vermittlungsversuche. In einem flammenden Plädoyer appelliert Johannes Paul II. noch wenige Tage vor den Bomben an die USA und die Vereinten Nationen. Doch die Invasion ist da in Washington längst beschlossen. Filoni erlebt die Luftangriffe auf Bagdad als einziger ausländischer Botschafter hautnah.

Es folgen Chaos, Terror, Entführungen und Bürgerkrieg. Opfer sind vor allem die mehr als eine Million irakischen Christen. In dieser dramatischen Situation gönnt der Vatikan dem Spitzendiplomaten eine Ruhepause. Papst Benedikt XVI. schickt Filoni 2006 als Nuntius wieder auf die Philippinen, wo er zuvor schon neun Jahre lang im Dienst war. Im folgenden Jahr beruft ihn die Kirchenzentrale nach Rom. Filoni wird Substitut im Staatssekretariat und damit "Innenminister" des Vatikan mit engsten Kontakten zu Papst und Kurie.

Der deutsche Papst schätzt den Italiener, und die Beförderung auf seinen jetzigen Posten folgt 2011: Filoni übernimmt die Leitung der wichtigen Kongregation für die Evangelisierung der Völker. Damit trägt er Verantwortung für die rund 200 Millionen Katholiken in den ehemaligen Missionsgebieten Afrikas und Asiens. Den Kardinalspurpur erhält der damals 65-Jährige im Februar 2012 und nimmt ein Jahr später am Konklave zur Wahl von Papst Franziskus teil.

Bild: ©picture alliance/AP Photo

Papst Franziskus schickt Kurienkardinal Fernando Filoni als Sondergesandten in den Irak.

Auch der Argentinier vertraut auf die Fähigkeiten des diplomatisch versierten Kardinals, der im Vatikan als einer der besten Kenner des Irak und des Nahen Ostens gilt. Deshalb entsendet er ihn im August 2014 als päpstlichen Sondergesandten ins Zweistromland, in dem das Christentum angesichts von islamistischem Terror und Auswanderung vor der Existenzfrage steht. Filoni führt Gespräche mit der Regierung in Bagdad, besucht Flüchtlingslager für Christen und Jesiden im Nordirak und redet mit Kurdenführer Masud Barzani, in dessen Gebiet viele vor der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) Zuflucht gefunden haben. Wie 2003 geht es darum, die Solidarität und Nähe der Kirche zu zeigen, aber auch um praktische Hilfe für die Notleidenden und Verfolgten.

Filoni hat damals an die Welt appelliert, die Christen im Nahen Osten nicht im Stich zu lassen. Über die tieferen Ursachen der schwersten Krise in der Region seit 100 Jahren ließ er aber auch keinen Zweifel: Ausgangspunkt ist für ihn der "auf Lügen aufgebaute" Zweite Irak-Krieg der USA.

Linktipp: "Sie brauchen unsere Hilfe"

Als eine "Katastrophe von historischem Ausmaß" bezeichnete Weltkirche-Bischof Ludwig Schick die aktuellen Entwicklungen im Irak. Am Donnerstag stellte er in Berlin die neue Arbeitshilfe der Deutschen Bischofskonferenz zur Lage der Christen im Irak vor. Die Broschüre informiert über die Geschichte des Landes sowie über aktuelle politische und religiöse Entwicklungen.
Von Christoph Schmidt (KNA)