Papst Franziskus veröffentlichte am Samstag einen neuen Erlass

Missbrauch: Bischöfen droht Entlassung bei Vertuschung

Veröffentlicht am 04.06.2016 um 15:53 Uhr – Von Burkhard Jürgens (KNA) – Lesedauer: 
Papst

Vatikanstadt ‐ Katholischen Bischöfen droht bei nachlässigem Umgang mit Missbrauchsfällen künftig die Entlassung aus dem Amt. Das sieht ein am Samstag veröffentlichter Erlass von Papst Franziskus vor.

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Der Erlass in der Form eines sogenannten Motu Proprio trägt den Titel "Come una madre amorevole" nach den Anfangsworten: "Wie eine liebevolle Mutter liebt die Kirche alle ihre Kinder, aber mit ganz besonderer Zuneigung sorgt sie sich um die kleinsten und schwächsten und schützt sie."  Zwar sehe das Kirchenrecht eine Amtsenthebung für Kleriker "aus schwerwiegenden Gründen" vor, schreibt Franziskus unter Verweis auf den Kirchenrechts-Kanon 193. Der Papst möchte nach eigenen Worten aber "präzisieren, dass unter den besagten 'schwerwiegenden Gründen' die mangelnde Sorgfaltspflicht von Bischöfen in der Ausübung ihres Amtes eingeschlossen ist". Dies gelte "besonders im Blick auf die Fälle sexuellen Missbrauchs, die an Minderjährigen und schutzbedürftigen Erwachsenen begangen werden".

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Der Erlass markiert einen weiteren Schritt, mit dem der Papst Bischöfe und andere hohe Leitungspersonen wie Ordensobere für das Vorgehen gegen Straftaten in die Pflicht nimmt. Im Juni 2015 hatte er bereits ein eigenes Gericht für Bischöfe eingerichtet, die sexuellen Missbrauch vertuschen. Diese Instanz hatte Franziskus an der Glaubenskongregation angesiedelt, seit 2001 zuständig für die Ahndung von sexuellem Missbrauch in der Weltkirche. Bischöfe, die eine Aufklärung und Ahndung von Missbrauchsfällen vereiteln, können nach der vor einem Jahr verabschiedeten Regelung von der Bischofs- oder Missionskongregation angezeigt werden.

Motu Proprio schließt weitere rechtliche Lücke

Bislang gab es für solche Fälle keine wirksame kirchenrechtliche Handhabe und keinen ordentlichen Prozess. Für Bischöfe, die mit ihrer Personalvollmacht übergriffige Priester schützten, kannte das Kirchenrecht keine Sanktionen. Amtsmissbrauch von Bischöfen war nicht als eigener Straftatbestand vorgesehen.  Das jetzt veröffentlichte Motu Proprio schließt eine weitere rechtliche Lücke: Es geht hierbei nach einer Erläuterung von Vatikansprecher Federico Lombardi nicht um strafrechtlich relevante Taten - mit denen sich die Glaubenskongregation befasst -, sondern um Sorgfaltspflichtverletzungen.

„Der Schaden kann physisch, moralisch, geistlich oder wirtschaftlich sein.“

—  Zitat: Aus dem Erlass "Come una madre amorevole"

Der Erlass faltet den Kirchenrechts-Kanon 193, der von Amtsenthebung allgemein handelt, im Blick auf Leiter von Kirchenterritorien oder größeren Gemeinschaften aus: Ein Bischof oder vergleichbarer Verantwortungsträger kann demnach "legitim seines Amtes enthoben werden, wenn er aus Nachlässigkeit Handlungen begangen oder unterlassen hat, die anderen einen schweren Schaden zugefügt haben, seien es natürliche Personen oder eine Gemeinschaft insgesamt. Der Schaden kann physisch, moralisch, geistlich oder wirtschaftlich sein."

Generell droht Bischöfen nun eine Enthebung nur dann, wenn es sich um eine nachgewiesene "sehr schwere" Sorgfaltspflichtverletzung handelt; anders beim Missbrauch Minderjähriger oder Schutzbefohlener: Hier genügt ein "schweres" Aufsichtsvergehen (Artikel 1 § 2). Unerheblich ist, ob eine "moralische Schuld" vorliegt - das heißt, ein Bischof kann auch abgesetzt werden, wenn er redlich glaubt, alles richtig gemacht zu haben. Wenn "ernste Hinweise" vorliegen, kann die römische Kurie Ermittlungen aufnehmen, näherhin die Kongregationen für Bischöfe, Mission, Ostkirchen oder Orden. Der Beschuldigte hat das Recht zur Verteidigung vor der betreffenden Kongregationsleitung. Erkennt die Kurie eine schwere Pflichtverletzung, kann - nach Zustimmung des Papstes, der seinerseits ein Juristengremium hinzuzieht - binnen "kürzester Frist" das Amtsenthebungsdekret ausgestellt werden. Alternativ ist der Bischof "brüderlich zu ermahnen, seinen Amtsverzicht binnen 15 Tagen einzureichen". Am 5. September tritt die Regelung in Kraft.

Linktipp: Bischöfe sind verantwortlich

Im Kampf gegen sexuellen Missbrauch in ihren eigenen Reihen hat die katholische Kirche nach Skandalen in vergangenen Jahren viel unternommen. Jetzt wird eine weitere Lücke geschlossen: Der Vatikan richtet ein eigenes Gericht für Bischöfe ein, die Missbrauch vertuschen.
Von Burkhard Jürgens (KNA)