Mehr Einfluss für Pfarrgemeinden
Grund für die stark sinkende Priesterzahl sei, dass in den nächsten Jahren "viele starke Weihejahrgänge" in den Ruhestand gingen und nur wenige Priester neu geweiht würden. Bei der Reform würden aber keine Kirchen geschlossen oder verkauft. Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr sagte, stattdessen habe er die Hoffnung, dass "die Eigenständigkeit und Eigenverantwortlicheit der Kirchorte gestärkt wird, auch wenn kein Pfarrer dort wohnt". Die Pfarrer dürften und müssten "nicht alles selbst machen". Alle Getauften und Gefirmten hätten Verantwortung für Kirche und gerade für "die Kirche vor Ort".
Anne Rademacher, Leiterin des Seelsorgeamtes der Diözese, sagte, mit der Reform sei eine Dezentralisierung verbunden. Zukünftig gebe das Seelsorgeamt keine "Bistumspastoral" mehr vor. "Guckt vor Ort, was für Euch wichtig ist", sagte die Theologin. Die Gemeinden hätten in Zukunft eine große Freiheit, zu entscheiden, in welchen Bereichen sie sich engagieren wollten. Dabei könnten die Gemeinden das Seelsorgeamt um Unterstützung bitten, entschieden werde aber vor Ort.
Nicht in allen Orten sonntägliche Eucharistiefeiern
Nicht in allen Kirchorten werde es zukünftig am Sonntag eine Eucharistiefeier geben können. Das sei jedoch auch bisher schon nicht der Fall. "Wir haben hier im Bistum eine über 50-jährige gute Tradition, dass Wortgottesdienste mit Kommunionausteilung von Laien gehalten werden", sagte Neymeyr. Die katholischen Christen könnten dabei gut zwischen Wortgottesdienst und Eucharistiefeier unterscheiden.
Die Sehnsucht nach der Eucharistiefeier sei auch bei jungen Leuten groß. "Die Situation ist im Bistum unterschiedlich. Dort wo die Messe im nächsten Dorf stattfindet, fahren viele am Sonntag ins Nachbardorf zum Gottesdienst", so der Bischof. Anders sehe es in der Diaspora beispielsweise im Thüringer Wald aus, wo der Weg mit dem Auto zur nächsten Eucharistiefeier schon mal eine Stunde dauern könne. Dort würden die Wortgottesdienste stärker in Anspruch genommen.
Neymeyr sagte, derzeit gebe es keine Notwendigkeit, Laien mit der Gemeindeleitung zu beauftragen. Die Gemeindeleitung bleibe rechtlich auch in Zukunft beim Pfarrer. Seelsorgeamtsleiterin Rademacher sagte jedoch, man müsse in Zukunft von den bisher immer klerikal ausgerichteten Kirchenbildern wegkommen. Wenn man einfach so weitermache wie bisher, dann stecke "der Karren in 30 Jahren im Dreck". Diese Einschätzung würden auch die Seelsorgeamtsleiter anderer Diözesen teilen, so Rademacher.
Mit der zweiten Stufe der Bistumsreform werden auch die Laiengremien neu organisiert. An jedem Kirchort wählen die Mitglieder zukünftig einen Kirchortsrat. Dieses Gremium solle das kirchliche Leben vor Ort gestalten. Alle Kirchorte einer Pfarrei würden zudem Delegierte in das neue Gremium des "Pfarreirats" entsenden. Dieser sei das pastorale Koordinierungsgremium und bestehe neben den Delegierten auch aus den hauptamtlichen pastoralen Mitarbeitern und berufenen Mitgliedern. Dabei seien alle Kirchorte mit gleichem Stimmgewicht in dem Gremium vertreten. "Minderheiten können dabei nicht überstimmt werden", erklärte Rademacher.
Gemeinden sollen "bescheidener aber selbstbewusst" seien
Diese Regelung hab man absichtlich getroffen, um auch kleineren Kirchorten ausreichend Gewicht in dem Gremium zu geben. Daneben werde es auf Pfarreiebene auch weiterhin einen Kirchenvorstand gebe, der die Pfarrei als Körperschaft in allen rechtlichen und finanziellen Belangen vertritt. Gewählt werden die neuen Gremien am 14. und 15. Januar 2017.
Rademacher sagte, Sprüche wie "Unsere Kirche wird aufgelöst" oder "Dann machen wir halt ohne Pfarrer mit Ehrenamtlichen weiter", könnten nicht die Lösung sein. Zwar könnte nicht mehr überall ein Pfarrer im Ort sein, aber sie sage den Gemeinden: "Seid bescheidener aber selbstbewusst".