Père Jacques Hamel wollte den Menschen dienen

Ein Priester bis zum letzten Atemzug

Veröffentlicht am 27.07.2016 um 13:55 Uhr – Von Kilian Martin – Lesedauer: 
Frankreich

Bonn ‐ Der Priester Jacques Hamel wurde am Altar von Terroristen getötet. Für viele Gläubige ist er damit zum Märtyrer geworden. Doch er war schon vorher ein Vorbild an Dienstbereitschaft.

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Mit fünf anderen Gläubigen feierte der 85-jährige Hamel an diesem Dienstagmorgen die Messe, darunter drei Nonnen. Zwischen 9:30 Uhr und 9:45 Uhr betraten zwei mit Messern bewaffnete Terroristen das Gotteshaus. Eine der Ordensfrauen, Schwester Danielle, konnte fliehen und schilderte das Geschehen in der Kirche gegenüber Medien: Die Angreifer packten den Priester und zwangen ihn auf die Knie, während sie für die Anwesenden Unverständliches auf Arabisch riefen. Hamel soll sich noch gewehrt haben, konnte sich aber nicht mehr befreien. Jacques Hamel starb an Verletzungen im Hals- und Brustbereich. Eine der anwesenden Schwestern, 86 Jahre alt, wurde ebenfalls lebensgefährlich verletzt.

Jacques Hamel führte ein im besten Sinne dienendes Priesterleben. Er wurde am 30. November 1930 in Darnétal geboren, einer Kleinstadt, die vor den Toren Rouens liegt. Dort wurde er mit 27 Jahren zum Priester geweiht. Nach zwei Kaplansstationen wurde er im Jahr 1975 erstmals Pfarrer einer eigenen Gemeinde. Seine dritte Pfarrstation trat Hamel im Jahr 2000 an; es war die Pfarrei St. Étienne in der gleichnamigen Stadt Saint-Étienne-du-Rouvray. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst wirkte er dort seit 2005 als Hilfsgeistlicher, bis zu seinem Tod an diesem Dienstag.

Hamel fühlte sich stark und wollte arbeiten

"Für sein Alter war er ein beherzter Priester", erklärte der derzeitige Pfarrer von St. Étienne, Redemptoristenpater Auguste Moanda-Phuati, gegenüber der französischen Zeitung "Le Figaro". Hamel habe trotz Erreichen des Ruhestandsalters von 75 Jahren weiter arbeiten wollen. "Er hat es vorgezogen weiter zu arbeiten im Dienst an den Menschen, weil er sich noch stark fühlte", sagte Moanda-Phuati unter Schluchzen, wie es im Bericht heißt. Es gebe eben nicht genug Priester und er könne noch behilflich sein, habe Hamel gesagt. "Er war sehr geschätzt, ein guter Mann, einfach und ohne Extravaganzen", erklärte der Pfarrer weiter über seinen verstorbenen Mitbruder. "Er stand praktisch sein ganzes Leben im Dienst an den Menschen."

Bild: ©dpa/Alice Patalacci

Auf eine katholische Kirche im nordfranzösischen Saint-Etienne-du-Rouvray ist am 26. Juli 2016 ein Terroranschlag verübt worden.

Von Hamels Einsatz für die Pfarrei kann man sich auf deren Website in Bildergalerien überzeugen. Am 11. Juni etwa feierte der 85-Jährige noch mit Kindern der Gemeinde das Fest der "Glaubensprofess", der französischen Variante einer feierlichen Erstkommunion.

Der Tod am Altar als Krönung eines Priesterlebens

Es sei immer wie ein Sonnenstrahl gewesen, wenn Hamel bei den Priestertreffen des Dekanats eintraf, berichtete Dekan Aimé Mputu Amba dem "Figaro". Hamel habe sich trotz seines Alters weiter ins Pfarreileben eingebracht. "Wir haben ihm oft im Spaß gesagt 'Jacques, Du machst ein bisschen zu viel, es wäre an der Zeit, dass Du in Ruhestand gehst'. Darauf hat er dann lachend geantwortet: 'Hast Du schon mal einen Pfarrer im Ruhestand gesehen? Ich arbeite bis zu meinem letzten Atemzug'." Selbst dem Tod seines Freundes Jacques wollte Mputu Amba noch etwas Positives abgewinnen: "Trotz der dramatischen Umstände war es für ihn auf eine Art die Krönung, in dem Moment zu gehen, in dem er die Heilige Messe zelebrierte."

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Die Nachricht vom Tod des Priesters sorgte auch in der örtlichen muslimischen Gemeinde für Entsetzen. In der Stadt habe der interreligiöse Dialog gerade nach den islamistischen Terrorakten der vergangenen Monate einen hohen Stellenwert gehabt, erklärte Imam Mohamed Karabila gegenüber Medien. Sein Büro befindet sich nur einen Steinwurf von der Pfarrkirche entfernt, die katholische Kirche hatte den Muslimen das Grundstück geschenkt, auf dem sie ihre Moschee errichtet haben. Karabila, Vorsitzender des regionalen Rats der Muslime, kannte Hamel von regelmäßigen Treffen der Religionsvertreter. Er habe ihn als "Mann des Friedens, der Religion, einen charismatischen Mann" erlebt, sagte er dem "Figaro". Der Tod seines Freundes macht Karabila fassungslos: "Ich kann es nicht begreifen. Wir beten für die Familie und die katholische Gemeinde."

Hamel rief zum Gebet für den Frieden auf

Den Gemeindemitgliedern von St. Étienne gab Hamel vor einigen Wochen im Pfarrbrief einige gute Gedanken mit in den Urlaub. In der Ferienzeit sollten die Menschen auch "die Einladung Gottes wahrnehmen, sich um die Welt zu kümmern und diese Welt, in der wir leben, zu einer warmherzigeren, menschlicheren, brüderlicheren zu machen". Und die Ferien seien auch eine Zeit für das Gebet: "Beten wir für die, die es am nötigsten haben, für den Frieden, für ein besseres Zusammenleben." Und Hamel erinnerte daran, dass sich die Kirche derzeit im "Heiligen Jahr der Barmherzigkeit" befindet. "Machen wir unser Herz aufmerksam für die schönen Dinge, für unsere Mitmenschen und vor allem jene, die in Gefahr sind, sich einsam zu fühlen."

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Von Kilian Martin