Leo
Als Leo (um 400-461) im Jahr 440 zum Bischof von Rom gewählt wurde, befand sich die antike Welt in einem turbulenten Prozess des Umbruchs. Die Auswirkungen der tobenden Völkerwanderung waren immer deutlicher zu spüren und aufgrund der Schwäche des Kaisertums übernahm Leo immer mehr originär politische Aufgaben: Im Jahr 452 ritt er mit hochrangigen kaiserlichen Beamten den Hunnen unter Attila entgegen und stoppte durch Zahlung eines Tributs deren weiteres Vordringen. Drei Jahre später konnte Leo die Plünderung Roms durch die Vandalen nicht mehr verhindern, erreichte jedoch Schutz vor völliger Zerstörung. Dementsprechend trug Leo als erster römischer Bischof den Titel des Pontifex Maximus, den zuvor Kaiser wie Augustus geführt hatten. Auch kirchenpolitisch war das fünfte Jahrhundert eine unruhige Zeit: Die fünf Patriarchensitze Rom, Konstantinopel, Alexandria, Antiochia und Jerusalem rangen um Macht, Einfluss und theologische Deutungshoheit. Leo mischte hier aktiv mit, ordnete konsequent die Bistümer seines Patriarchats und beanspruchte als Nachfolger Petri selbstbewusst eine Vorrangstellung gegenüber den anderen Kirchenführern. Den Ehrentitel "der Große" erhielt er aber vor allem für sein theologisches Erbe. Das Konzil von Nizäa hatte Christus zwar als "wahren Gott" und "wahren Menschen" bekannt – doch darüber, wie diese Aussage zu verstehen sei, bestand Uneinigkeit. Im gesamten Römischen Reich verbreiteten sich dazu verschiedene Glaubenslehren, die später als häretisch verworfen wurden. Leo verfasste zahlreiche Schriften zur Person Christi und hatte damit entscheidenden Anteil an der großen theologischen Weichenstellung seiner Zeit: Im Jahr 451 bekannte das Konzil von Chalcedon, dass Christus eine göttliche und eine menschliche Natur in seiner Person vereine. Papst Benedikt XIV. ernannte Leo im Jahr 1754 zum Kirchenlehrer.