Joseph
Wenig fürchten totalitäre Regime so sehr wie das spöttische Lachen ihrer Untertanen – es war ein politischer Witz, der den Pfarrer Joseph Müller (1894-1944) schließlich auf die Todesliste der Nationalsozialisten brachte. Joseph Müller war der Sohn eines hessischen Kantors und Lehrers. Im Ersten Weltkrieg meldete er sich freiwillig für die Front und kehrte schwer verwundet zurück. Gemeinsam mit zwei seiner Brüder entschloss sich Joseph daraufhin, Priester zu werden. Trotz seiner bleibenden körperlichen Versehrtheit galt er als tatkräftiger und mitreißender Seelsorger, der sich besonders für die Jugendarbeit einsetzte. Er warnte vor dem aufkommenden Nationalsozialismus und änderte seine Haltung auch nach der Machtübernahme nicht. Die Gestapo überwachte jeden seiner Schritte. Nachdem Joseph bei einem Krankenbesuch ausgerechnet dem Vater eines NSDAP-Ortsgruppenleiters einen politischen Witz erzählt hatte, wurde er festgenommen. Zunächst verzweifelt und gebrochen, nahm Joseph im Laufe seiner Gefangenschaft das drohende Todesurteil immer tiefer als bewusstes Zeugnis für seinen Glauben an. "Mein Tod wirkt jetzt mehr für das Reich Gottes als mein Leben", war Joseph schließlich überzeugt. Nach einem Schauprozess wurde er "wegen Wehrkraftzersetzung" am 11. September 1944 hingerichtet. 1999 wurde Joseph Müller in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen.