Hildegund (Hildgund) von Schönau
Schon im Mittelalter liebten die Menschen Erzählungen über vertauschte Geschlechterrollen in der Kirche – und Hildegund von Schönaus Lebensgeschichte verbreitete sich in kürzester Zeit: Hildegund (1170-1188) war die Tochter des Edelherren Harper von Helpenstein (heute Neuss). Nach dem Tod seiner Frau brach er mit der zwölfjährigen Hildegund zu einer Pilgerreise ins Heilige Land auf. Doch noch bevor er die ersehnten Stätten erreichen konnte, starb der Adlige in Tyros (heute Libanon) an Fieber. Ohne männliche Begleitung aber wäre seine Tochter Belästigungen und Angriffen schutzlos ausgeliefert. So gab er Hildegund auf dem Sterbebett einen letzten Rat: Sie solle Männerkleidung anziehen und den Namen Josef, nach dem Beschützer der Familien und Kinder, annehmen. Mit ihrer neuen Identität vollendete Hildegund nicht nur die Pilgerreise, sondern erlebte zahlreiche Abenteuer: "Josef" arbeitete etwa in geheimer Mission für einen Kölner Domherrn und entging in Augsburg nur knapp dem Galgen. Schließlich bat sie um Aufnahme in das Zisterzienser-Kloster Schönau bei Heidelberg. Hier leistete der auffällig zart gebaute "Jüngling Josef" harte Arbeit beim Ausbau des Klosters – vielleicht zu viel. Sie starb entkräftet am 20. April 1188. Erst bei der Leichenwaschung entdeckten die überraschten Mitbrüder ihr wahres Geschlecht. Hildegunds überlieferte Grabinschrift lautet: "Im Leben war sie scheinbar ein Mann, aber im Tod strahlt sie als Frau."