Lexikoneintrag: I wie Inquisition

Inquisition, die

Lat. inquisitio = "[gerichtliche] Untersuchung"; kirchl. Untersuchung mit dem Ziel, Ketzerei (Häresie) aufzuspüren und zu verfolgen. Im Mittelalter entstand die Inquisition als eigene Untersuchungsbehörde, um die Kirche vor der vermeintlichen Gefährdung durch Glaubensabweichler zu schützen und Ketzer zu bestrafen. Das Inquisitionsverfahren gestattete die Anwendung der Folter, um die Beschuldigten zu einem Geständnis zu zwingen. Da die Inquisitoren selbst die Todesstrafe nicht vollstrecken konnten, wurden die Verurteilten den weltlichen Behörden überstellt. Die 1542 von Papst Paul III. (1534-1549) gegr. Congregatio Romanae et universalis inquisitionis ("Kongregation für römische und weltweite Inquisition") befasste sich vorwiegend mit der Rechtgläubigkeit in der Kirche. Sie stellte zum Zeitpunkt ihrer Gründung insofern schon einen Fortschritt dar, als sie strenge Regeln für die Untersuchung und den Prozess aufstellte, um Willkür und Vorverurteilung zu verhindern. 1908 wurde die römische Inquisition von Papst Pius X. (1903-1914) in Sacra Congregatio Sancti Officii, kurz: Sanctum Officium ("Heiliges Offizium"), umbenannt. Im Rahmen der Kurienreform durch Papst Paul VI. verlor das Heilige Offizium 1965 seine Sonderstellung und wurde in "Kongregation für die Glaubenslehre" umbenannt. Die Kongregation besteht heute aus 25 Mitgliedern (Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe aus 14 verschiedenen Nationen). Hinzu kommen 38 Mitarbeiter und 28 Konsultoren (Berater, i. d. R. Theologieprofessoren unterschiedlicher Fachrichtungen). Unter der Leitung von Kardinal Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., öffnete die Glaubenskongregation 1992 die Archive der Inquisition für die wissenschaftliche Forschung. Anlässlich des Heiligen Jahres bat Papst Johannes Paul II. am 12. März 2000 in einem öffentlichen Schuldbekenntnis um Vergebung für die Verfehlungen und Irrtümer in der Geschichte der Kirche.