Advent: Zeit für heikle Themen
Bei vielen Menschen sind die Tage vor Weihnachten bestens organisiert und durchstrukturiert. Vielleicht lässt sich ja auch Zeit einplanen, miteinander über Dinge zu reden, um die man sich sonst gern drückt.
Gut organisiert, richtig gut organisiert ist bei vielen Menschen die Planung für die Weihnachtstage: Termine werden abgesprochen, Einkäufe koordiniert, Verwandtschaftsbesuche geplant.
Vielleicht sind ja diese gut geplanten und organisierten Feiertage an Weihnachten auch die Gelegenheit, miteinander solche Dinge anzusprechen, um die sich viele Menschen sonst gerne drücken. Ich kenne das natürlich auch von mir selbst.
Ich war jedenfalls erstmal ganz erstaunt, dass meine eigenen Eltern mich vor Kurzem bei einem Kaffeetrinken auf ein schwieriges Thema ansprachen. Sie hatten sich die Formulare für eine Patientenverfügung bei ihrer Kirchengemeinde besorgt und wollten ein paar Dinge darin mit mir durchsprechen.
Da habe ich erst gesehen, dass das gar nicht so einfach ist. Es genügt eben nicht, einfach mal so nebenbei zu sagen "So an den Apparaten möchte ich eigentlich nicht hängen."
Die Sache ist schon etwas komplizierter. Und die Versuchung ist groß, den Gedanken daran und die Planung und Vorbereitung in so einer wichtigen Frage des Lebens beiseite zu schieben: Wie wird das sein, wenn Ehepartner, Eltern oder ich als Mensch, der allein lebt, alt werden oder wegen eines Unfalls nicht mehr selbst entscheiden können? Welche Therapie erscheint mir dann noch sinnvoll? Und zu welchen Schritten soll dann ein klares "Nein" gesagt werden? Wer soll diese wichtigen Entscheidungen treffen, wenn ich es nicht mehr kann? Und woran sollen sich diese Entscheidungen orientieren, wenn ich über mache Dinge nie gesprochen habe? Da kommen Angehörige schnell an ihre Grenzen.
Der Film "Liebe", der derzeit in den Kinos läuft und gerade als bester europäischer Film ausgezeichnet worden ist, greift diese Erfahrung auf verstörende Weise auf. Ein Ehemann kümmert sich aufopferungsvoll um seine Frau. Er pflegt sie zuhause und steht doch immer mehr vor der Frage: Ist das noch gut, was ich hier mache? Hätte sie, die sich nicht mehr äußern kann, das so gewollt? In zunehmender Überforderung steht der Mann alleine da und sieht irgendwann in seiner Not keinen Ausweg mehr.
Für mich zeigt der Film, dass es auch eine Frage der Fairness gegenüber den eigenen Angehörigen ist, rechtzeitig wichtige Fragen zu Krankheit und Lebensende miteinander zu besprechen: Wie soll das bei uns aussehen, wenn Pflege nötig ist oder bestimmte medizinische Entscheidungen gefällt werden müssen? Wenn Sie jetzt in der Zeit vor dem Weihnachtsfest viele Dinge planen und organisieren, könnte das vielleicht auch dazu gehören: Lassen Sie sich doch einmal die entsprechenden Unterlagen zuschicken und planen sie einen der Feiertage mit ihrer Familie dafür ein, über das Thema zu sprechen. Sicher, das kostet schon etwas Überwindung. Die Vorbereitung auf die Festtage könnte so einmal besonders intensiv aussehen.
Eine gute Adventszeit!