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"Familiennachzug ist Voraussetzung für Integration"

P. Frido Pflüger SJ vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst fordert im katholisch.de-Interview eine menschlichere Asylpolitik und eine stärkere Unterstützung von Willkommensinitiativen für Flüchtlinge in Deutschland.

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Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) dringt auf ein Recht auf Familiennachzug auch für subsidiär geschützte Flüchtlinge. Die Trennung von Familien sei ein "massives Integrationshindernis", sagte der JRS-Direktor für Deutschland, Pater Frido Pflüger, am Dienstag in Berlin. "Wer enge Angehörige in einem Flüchtlingslager außerhalb von Deutschland hat, kann sich erfahrungsgemäß schlecht auf das Erlernen der deutschen Sprache konzentrieren", erklärte der Jesuit bei der Jahrespressekonferenz der Organisation. Der Familiennachzug ist ein Streitpunkt zwischen Union, Grünen und FDP bei den Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition.

Auf subsidiären Schutz können Personen Anspruch haben, denen weder Schutz durch die Anerkennung als Flüchtling noch als Asylberechtigter gewährt werden kann. Er gilt in Deutschland in der Regel für ein Jahr und kann gegebenenfalls verlängert werden. Meist betrifft dies Personen aus Bürgerkriegsländern wie aktuell die Syrer. Die Aussetzung des Familiennachzugs für sie wurde im November 2015 beschlossen. Während vor allem die CSU die am 15. März 2018 auslaufende Beschränkung verlängern will, möchten besonders die Grünen, dass Betroffene fortan enge Familienangehörige zu sich holen können. Kirchen und Hilfsorganisationen pochen immer wieder auf das Recht auf Familiennachzug für Flüchtlinge.

Pflüger: Flüchtlingspolitik nicht "taktischen Erwägungen" unterordnen

Pflüger rief die Kirchen auf, weiter auf den Familiennachzug zu bestehen. Er hob vor allem das Engagement des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki für Flüchtlinge hervor. Zugleich appellierte er an die "christlichen Parteien", die Flüchtlingspolitik nicht "taktischen Erwägungen" unterzuordnen. Weiter wandte sich der JRS-Direktor gegen Abschiebungen in Krisenländer wie Afghanistan. Er forderte mehr Hilfen für Nachbarländer von Kriegsregionen wie den Libanon und Uganda. Sie hätten im Vergleich zu Deutschland ein Vielfaches an geflüchteten Menschen aufgenommen. Vor allem Uganda sei ein Vorbild, weil das afrikanische Land Flüchtlingen unbürokratisch Arbeitserlaubnisse erteile und Land zur Selbstversorgung zur Verfügung stelle.

Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst wurde 1980 gegründet. Heute engagieren sich seine weltweit rund 1.000 Mitarbeiter in mehr als 50 Ländern. Unter anderem beraten sie in Deutschland Flüchtlinge und leisten Seelsorge in Aufnahme- und Abschiebeeinrichtungen. (KNA)