Vatikan veröffentlicht Arbeitspapier zur Familiensynode

Mögen die Diskussionen beginnen

Veröffentlicht am 23.06.2015 um 13:05 Uhr – Von Sophia Michalzik – Lesedauer: 
Familiensynode

Vatikanstadt/Bonn ‐ Der Vatikan hat das Arbeitspapier für die Familiensynode im Herbst veröffentlicht. 77 Seiten umfasst das sogenannte Instrumentum laboris - und enthält auch Vorschläge, die bei der Synode 2014 die erforderliche Zweidrittelmehrheit verfehlt hatten.

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Mit Blick auf homosexuelle Partnerschaften bekräftigt das Arbeitspapier, das bislang nur auf Italienisch vorliegt, die Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen. Gottgewollt sei nach biblischem Zeugnis nur die Ehe zwischen Mann und Frau. Gleichwohl müsse in der Kirche jeder Mensch gleich welcher sexuellen Orientierung in der Kirche aufgenommen und respektiert werden. Diskriminierung von Homosexuellen sei abzulehnen.

Weiterhin zur Diskussion stehen soll auch, eine zweite, zivil geschlossene Ehe von der Kirche segnen zu lassen, wie dies in der orthodoxen Kirche möglich ist. Hierbei verweist das Arbeitspapier jedoch darauf, dass auch in der Orthodoxie klar zwischen der ersten und der zweiten Ehe unterschieden werde. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die orthodoxen Kirchen ein anderes theologisches Konzept der Ehe hätten.

Damit finden sich im Arbeitspapier nun auch zwei Absätze aus dem Abschlussdokument, die damals nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhielten. Sie werden jetzt erneut diskutiert. Dazu gehört auch der Vorschlag, die Möglichkeit zu prüfen, wiederverheiratete Geschiedene unter bestimmten Umständen und nach einem Weg der Reue unter bischöflicher Aufsicht wieder zu den Sakramenten zuzulassen.

Bild: ©KNA

Das Arbeitspapier sei eine gute Grundlage für die Beratungen der Bischofssynode im Herbst, sagt Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Er ist einer von vier deutschen Teilnehmern der Familiensynode.

In einer ersten Stellungnahme bezeichnete Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und Teilnehmer der Synode, das Dokument als "gute Arbeitsgrundlage für die Beratungen der Bischofssynode". Zentrale Anliegen, die in der Antwort der DBK auf den Fragebogen benannt worden waren, fänden sich im jetzigen Dokument wieder. Dazu gehören laut dem Kardinal unter anderem die Vorbereitung auf die Ehe sowie die Erziehung und Glaubensweitergabe in der Familie.

Kein völlig neuer Inhalt

Gerade bei komplexen Themenbereichen wie dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen oder Homosexuellen zeige das Instrumentum laboris "in vorsichtiger Sprache verschiedene Blickwinkel auf". "Es ist auch hier das Bemühen spürbar, die Diskussion offen zu halten", so Marx. Das Arbeitspapier biete eine breit gefächerte Betrachtungsweise. In einigen Fragen fänden sich Perspektiven wieder, die Aspekte der von der Bischofskonferenz eingesandten Antworten aufnähmen. "In anderen Fragen werden wir uns während der Synode mit unserer Position zu Wort melden", erklärt der Kardinal.

Auch Familienbischof Heiner Koch, ebenfalls Teilnehmer der Synode, bewertet das Arbeitspapier positiv. "Es ist ein guter Text, der sich sehr bemüht, eine offene und konstruktive Diskussion einzuleiten", sagte Koch am Mittwoch in Dresden. Das Papier forciere "keine Flügelkämpfe" und lege keine bestimmte Richtung fest.

Völlig neu ist der Inhalt des Arbeitspapieres nicht, da es aus dem Abschlussdokument der letzten Familiensynode hervorgegangen ist. Der jetzige Text kombiniert beide Quellen, indem ein Teil der Abschnitte direkt aus dem Abschlussdokument übernommen, während die anderen Abschnitte auf Grundlage der Antworten auf den Fragebogen erstellt wurden. Nach Angaben von Radio Vatikan sind die alten Textteile kursiv markiert. Außerdem lasse sich anhand der alten Nummerierung, die ebenfalls erhalten geblieben ist, die Entstehung nachvollziehen.

Linktipp: Themenseite zur Familiensynode

Theorie trifft Praxis: Über zwei Jahre beraten Bischöfe und Laien im Vatikan über die "pastoralen Herausforderungen der Familie". Das ist ein höchst brisantes Thema, bei dem die Vorstellungen der Kirche und die Lebenspraxis ihrer Gläubigen zunehmend auseinanderdriften.

Der Fragebogen, dessen Antworten nun in das Dokument eingeflossen sind, hatte viele Reaktionen hervorgerufen. Besonders aus den deutschen Diözesen war Kritik laut geworden. Viele bemängelten die detailreichen Fragestellungen, verschachtelten Sätze und komplizierte Formulierungen. "Leider wird durch die komplizierte Sprache das Anliegen zerstört und ins Gegenteil verkehrt", fasste beispielsweise das Bistum Erfurt zusammen. In Magdeburg kritisierte man den knappen Zeitrahmen für die Beantwortung und die "nicht nachvollziehbaren kirchlichen Aussagen". In Rottenburg-Stuttgart wurde die Sprache des Fragebogens als "belehrend und weltfremd" wahrgenommen.

Vier deutsche Vertreter bei der Familiensynode

Die Familiensynode findet vom 4. bis 25. Oktober im Vatikan statt. Sie steht unter dem Titel "Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute". Eine außerordentliche Synode hatte im Oktober 2014 bereits dieses Thema behandelt, das nun vertieft und abschließend geklärt werden soll.  

Beim ersten Treffen hatten nur die Vorsitzenden der nationalen Bischofskonferenzen und ausgewählte Laienvertreter teilgenommen. Im Herbst werden die Bischofskonferenzen je nach Größe durch ein bis vier gewählte Vertreter repräsentiert. Aus Deutschland nimmt neben Marx und Koch auch der Vorsitzende der Pastoralkommission, Bischof Franz-Josef Bode, teil. Als weiteren deutschen Teilnehmer hat Papst Franziskus Jeremias Schröder (50), Abtpräses der Benediktinerkongregation von Sankt Ottilien, bestätigt. Schröder war zusammen mit neun weiteren Ordensoberen von der "Union der Generaloberen" als Delegierter für die Synode nominiert worden. (mit Material von KNA)


24.06.2015, 12:45 Uhr: ergänzt um die Aussagen von Bischof Heiner Koch

Weitere Informationen

Das Instrumentum laboris liegt bislang nur auf Italienisch vor und ist auf der Internetseite des Vatikans zu finden. Weitere Informationen und Dokumente zur Synode finden Sie außerdem auf der Seite der Deutschen Bischofskonferenz.
Von Sophia Michalzik