Als Bomben auf Benedikts Kloster fielen
Mit der "Gustavlinie" quer durch Mittelitalien hatten die deutschen Truppen Ende 1943 eine Sperrlinie aufgebaut. Die rund 140 Kilometer südlich von Rom gelegene Grenze sollte die bereits in Italien gelandeten alliierten Truppen aufhalten – vergeblich. An einer Schlüsselstelle dieser Verteidigungslinie lag das Kloster Montecassino. Vor 75 Jahren, am 15. Februar 1944, wurde es bei einer Bombardierung in Schutt und Asche gelegt.
Die Schlacht um Montecassino dauerte vier Monate: Vom 17. Januar bis zum 18. Mai 1944 fielen auf deutscher Seite 20.000 Soldaten, auf der der Alliierten 55.000, nicht mitgerechnet die toten Zivilisten. Zu den letztlich sinnlosesten Aktionen zählte die Bombardierung des Klosters Montecassino durch alliierte Luftverbände. Eine der bedeutendsten Stätten der abendländischen Kultur war danach ein Trümmerhaufen.
Strategisch wichtige Stelle
Seit dem 17. Januar 1944 rannten britische, amerikanische und neuseeländische Verbände von Süden her gegen die deutschen Verteidigungsstellungen an. Die Gegenwehr war heftig, die Kämpfe verlustreich. An der westlichen Küste versuchten die Alliierten, die Linien aufzubrechen und den Berg von Cassino zu umgehen. Dort dominierte in 516 Meter Höhe das vom Mönchsvater Benedikt um das Jahr 529 gegründete Kloster. Es kontrollierte an strategischer Stelle gleichsam den Weg durch das Liri-Tal in Richtung Rom.
Die Alliierten vermuteten in dem festungsartigen Bauwerk, in dem Benedikt seine Ordensregel geschrieben hatte, militärische Stellungen oder zumindest Beobachtungsposten der Deutschen. Jedoch hatte Generalfeldmarschall Albert Kesselring ausdrücklich eine mehrere Hunderte Meter breite Schutzzone um die Abtei bestimmt, die kein Soldat betreten durfte. Auch der Abt des Klosters und der Vatikan dementierten eine deutsche Präsenz im Kloster und rangen den Kampfparteien zunächst das Versprechen ab, das Kulturerbe zu schonen.
Doch insbesondere der neuseeländische General Bernard Freyberg drängte die zögernden Amerikaner zum Schlag gegen Montecassino. Am Vortag warfen sie über dem Gelände Flugblätter ab; forderten Mönche und Flüchtlinge zum Verlassen des Klosters auf. Noch im letzten Moment versuchte Papst Pius XII. auf diplomatischem Weg das Inferno zu verhindern – jedoch zu spät: Mit rund 500 Tonnen Bomben zerstörten alliierte Geschwader in mehrstündigen Angriffswellen das Kloster und die Abteikirche.
Nur ein Torbogen mit der Aufschrift "Pax" blieb erhalten
Es war der schwerste Angriff der Kriegsgeschichte auf ein einzelnes Gebäude. Und er pulverisierte eines der ältesten Heiligtümer der Christenheit und tötete Hunderte Flüchtlinge, die sich dort sicher wähnten. Nur ein Torbogen mit der Aufschrift "Pax" – Frieden – blieb erhalten.
Als Abt Gregorio Diamare mit seinen Mönchen wenige Tage nach dem Angriff in der römischen Benediktinerabtei Sant'Anselmo auf dem Aventin-Hügel Zuflucht suchte, fragten ihn die Mitbrüder, wie viele Deutsche sich im Kloster verschanzt hätten. Seine Antwort: "Kein einziger."
Schon vorher hatten in einer der vielleicht spektakulärsten Rettungsaktionen deutsche Militär-LKWs die Bibliothek, liturgische Geräte und Gewänder, Handschriften und Gemälde nach Rom geschafft. Zu den Organisatoren gehörte der deutsche Benediktiner und spätere Kurienkardinal Paul Augustin Mayer (1911 bis 2010).
Schon bald nach dem Krieg begann der maßstabsgetreue Wiederaufbau des Klosters – mit italienischer und internationaler Unterstützung. Zugleich wurden rund um die Klosteranlage Friedhöfe für die zigtausend gefallenen Soldaten angelegt. 20 Jahre nach der Zerstörung weihte Papst Paul VI. 1964 bei einem Konzilsbesuch das wiedererstandene Kloster und die Basilika erneut. Dabei proklamierte er den heiligen Benedikt zum Patron Europas.
Zum 65. Jahrestag stattete 2009 auch Benedikt XVI. dem Kloster einen Besuch ab. Der deutsche Papst, der sich den Namen des Mönchsvaters als Papstnamen gewählt hatte, gedachte aller Gefallenen des Zweiten Weltkriegs. Er nutzt den Aufenthalt für einen eindringlichen Friedensappell in Europa und in der Welt. Das Kloster müsse ein Symbol für den Sieg des Friedens über den Krieg sein.