Ärztin Hänel: Embryo hat "nicht gleiche Würde" wie geborener Mensch
Die verurteilte Ärztin Kristina Hänel will nach eigenen Worten einem Embryo "nicht die gleiche Würde zusprechen wie einem bereits geborenen Menschen". Er habe "nicht die Empfindung und nicht das Gehirn dazu", sagte Hänel in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.). Auf die Frage, wann aus ihrer Sicht das Menschsein beginne, sagte sie: "Für mich ist er mit der Geburt ein Mensch." Die Menschwerdung passiere in der Schwangerschaft.
Dagegen betonte der Lebensrechtler Paul Cullen in dem Streitgespräch, das menschliche Leben beginne mit der Befruchtung der weiblichen Eizelle: "Der Mensch ist von Anfang an ein Mensch." Entweder hätten alle gleiche Rechte "oder keiner hat so richtig welche". Die Verweise auf Zwischenschritte in der Entwicklung wie Bildung des Bewusstseins oder erster Herzschlag seien für ihn unlogisch, so der Vorsitzende des Vereins "Ärzte für das Leben".
Laut einem Urteil des Amtsgerichts Gießen hat die Allgemeinmedizinerin Hänel verbotenerweise auf ihrer Internetseite für Schwangerschaftsabbrüche geworben, die sie selbst vornimmt. Paragraf 219a des Strafgesetzbuches, der ein entsprechendes Werbeverbot beinhaltet, sorgt derzeit für Streit in der großen Koalition. Nach Informationen der "Bild am Sonntag" soll darüber in den nächsten Tagen im Koalitionsausschuss gesprochen werden.
SPD-Chefin Andrea Nahles unter Druck
SPD-Chefin Andrea Nahles steht dem Bericht zufolge wegen des Themas in der eigenen Fraktion unter Druck. Der Abgeordnete Florian Post warf ihr "vorauseilenden Gehorsam gegenüber der Union" vor. Zugleich stellte er seiner Vorsitzenden ein Ultimatum: Wenn Nahles sich nicht bis Dienstag mit der Union auf eine Änderung des 219a einige, werde er die Freigabe der Gewissensentscheidung beantragen. Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD verpflichtet, einheitlich abzustimmen.
Das Justizministerium sollte bis zum Herbst einen Änderungsvorschlag vorlegen. Die SPD ist für die Streichung des Paragrafen, die Union dagegen, ebenso die katholische Kirche.
Hänel kündigte in der F.A.S. erneut an, "gerne" den juristischen Weg weiterzugehen bis zum Bundesverfassungsgericht oder zum Europäischen Gerichtshof: "Das Informationsrecht für Frauen wird man nicht länger verhindern können." Sie warf Cullen vor, er argumentiere aus dem Elfenbeinturm heraus. Cullen sagte, beim Thema Abtreibung werde vielfach so getan, "als gäbe es in dieser ganzen Diskussion nur einen Menschen, und zwar die Frau". Über Probleme sei zu reden, "aber eine Abtreibung kann nicht die Lösung sein". (KNA)