Becciu: Erste Begegnung mit Franziskus war ein Schock
Die erste Begegnung mit Papst Franziskus (81) nach dessen Wahl 2013 hat Kardinal Angelo Becciu (70) laut eigener Aussage "geschockt". Der frisch gewählte Papst empfing Becciu, damals noch Substitut des vatikanischen Kardinalstaatssekretariats, nämlich auf ungewohnte Weise, wie der neue Kardinal laut dem italienischen Pressedienst SIR (Montag) ausführte.
Franziskus wohnte damals noch in dem Zimmer, das er auch vor der Wahl zum Papst im vatikanischen Gästehaus Santa Marta bewohnt hatte. Dort gab es zwei Stühle - einer voller Bücher, der andere frei. Der Papst bat Becciu den freien Stuhl an und setzte sich selbst aufs Bett: "Das war ein Schock, denn man war nicht gewohnt, dass der Papst nicht in einem Sessel sitzt", so Becciu. Diese Kleinigkeit habe ihm sofort klar gemacht, dass Franziskus ein einfacher Mann sei. Er schätze an Franziskus nicht nur dessen Einfachheit, sondern auch seine direkte Art und seinen Humor.
Becciu, der auch Sondergesandter beim Malteserorden ist und im Mai zum neuen Leiter der Behörde für Heiligsprechungen ernannt wurde, war vergangenen Donnerstag von Papst Franziskus in den Kardinalsstand erhoben worden. Die Anekdote über sein erstes Treffen mit Franziskus erzählte er am Sonntagabend bei einer Veranstaltung der katholischen Tageszeitung "Avvenire" im süditalienischen Melfi.
Becciu: Benedikt XVI. "schüchtern aber voller Zärtlichkeit"
Becciu sagte dort auch, wieso er Papst Franziskus in gewisser Weise als "revolutionär" empfindet: "Er hat eine Vision der Kirche, wie sie Jesus wollen würde, einfach, ohne Rauschgold, eine Kirche, die auf das Wesentliche achtet", so der neue Kardinal. Er nannte auch einen weiteren Aspekt: Der Papst halte sich zwar bei Staatsbesuchen ans Protokoll, habe "die Kirche aber von ihren eigenen Protokollen befreit und so fühlen wir uns alle viel mehr als Seelsorger", so Becciu. Franziskus wünscht sich laut dem Kardinal eine "revolutionäre Kirche, die Barmherzigkeit predigt".
Nach seiner Erhebung zum Kardinal traf Becciu gemeinsam mit den 13 weiteren neuen Kardinälen auch Benedikt XVI. Der emeritierte Papst sei geistig nach wie vor sehr fit. "Auch er wird älter, aber geistig ist er ganz klar", so Becciu über den Mann, der ihn 2011 zum Substitut des vatikanischen Kardinalstaatssekretariats gemacht hatte. "Er hat viele schöne Worte gefunden, so wie zu seiner Zeit als Papst. Er wusste mit seine Rede die Herzen seiner Zuhörer zu erreichen."
In Erinnerung an seine Zeit unter dem damaligen Kirchenoberhaupt sagte Becciu, dieser sei ein einfacher Mann, "schüchtern aber voller Zärtlichkeit", und einer, "der über Theologie und die göttlichen Mysterien sprechen und sie vertiefen konnte". Der Kardinal beschrieb Benedikt zudem als sehr methodisch und - mit Blick auf seinen historischen Rücktritt vom Papstamt 2013 - als "Mann des Muts". "Er hat gemerkt, dass er nicht mehr die Kraft hatte, die Kirche zu führen und traf den berühmten und ehrenhaften Entschluss, zurückzutreten." (bod/KNA)