Berliner Pfarrer getötet – Prozess gegen 27-Jährigen eröffnet
Acht Monate nach der Tötung des katholischen Berliner Pfarrers Alain-Florent Gandoulou (54) hat das Landgericht Berlin am Montag den Prozess gegen einen 27-jährigen Mann aus Kamerun eröffnet. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Totschlag vor. Der Geistliche sei am 22. Februar nachts in seinem Gemeindebüro durch eine "massive Schädelzertrümmerung" getötet worden, so die zuständige Staatsanwältin in der Anklageschrift.
Die unterschiedlichen Kopfverletzungen stammen demnach von einem Stockregenschirm sowie von Blumenkübeln und Holzfiguren. Die Verhandlung sei auf fünf bis sechs Tage angesetzt, sagte ein Gerichtssprecher. Der Angeklagte äußerte sich am Montag nicht zu den Vorwürfen. Er ist seit seiner Festnahme in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Ein vorläufiges psychiatrisches Gutachten liegt dem Gericht den Angaben zufolge vor.
Der aus dem Kongo stammende Gandoulou hatte die französischsprachige Kirchengemeinde Berlins seit 2009 geleitet. Das Gericht hörte am ersten Verhandlungstag, zu dem als Nebenkläger auch der Bruder des Getöteten angereist war, mehrere Zeugen. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter der Gemeinde, der Gandoulou als "einen Priester, den sich jeder wünscht, ein sehr guter Mann" beschrieb, hatte in der Tatnacht die Polizei gerufen, als er aus dem seiner Wohnung gegenüberliegenden Pfarrbüro "sehr laute Geräusche" vernommen hatte.
"Teufelsaustreibung" vermutet
Der Zeuge beschrieb diese als "Stimmen" sowie aufeinanderprallende "harte" Gegenstände. Kurzzeitig habe er vermutet, es könne sich um eine "Teufelsaustreibung" handeln. Er wisse durch seinen Onkel, einen Priester, dass es dabei sehr laut werden könne.
Die Polizei verschaffte sich Zutritt zur Wohnung und fand den schwer verletzten Priester mit zertrümmertem Schädel am Boden. Gandoulou habe zu diesem Zeitpunkt noch gelebt, sei aber kurz darauf gestorben, hieß es weiter. Der Tatverdächtige habe sich nicht in der Wohnung befunden.
Ein ehemaliger Mitbewohner des Angeklagten berichtete von einer Art Geständnis kurz nach der Tat in der gemeinsamen Berliner Küche. Da habe ihm der 27-Jährige unter Tränen erzählt, er habe "den Priester getötet". Als Motiv habe er angegeben, sein Bruder besitze einen "satanischen Geist". Dieser sei auch in ihn gefahren und habe ihn zu der Tat gebracht. Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt.
In einem Nachruf hatte der Berliner Erzbischof Heiner Koch das "große Engagement" Gandoulous für seine Gemeinde aus "Diplomaten, Kaufleuten, Wissenschaftlern und Geflüchteten" gewürdigt. Er habe die Gemeinde durch sein musikalisches Talent geprägt und sei "auch in sozialen Belangen immer ansprechbar" gewesen. Im "Rat der Muttersprachlichen Gemeinden" des Erzbistums habe Gandoulou die Anliegen der Katholiken aus anderen Ländern vertreten. (tmg/KNA)