Bischof Voderholzer verteidigt Begriff "christliches Abendland"
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat die Rede vom "christlichen Abendland" verteidigt. Angesichts der christlichen Prägung Europas sei es vernünftig, diesen Begriff zu verwenden, sagte der Bischof am Mittwochabend bei einem Vortrag im oberbayerischen Mindelstetten. Die Deutungshoheit darüber dürfe nicht anderen überlassen werden, "die nationalistische Interessen damit verbinden, die zutiefst einer katholischen Universalität widersprechen".
Der christliche Glaube sei die "Seele Europas", betonte Voderholzer. Dieser trage das Erbe Israels in sich, habe das Beste des griechischen und römischen Geistes in sich aufgenommen und damit "alle Wesensbereiche Europas geprägt". Deshalb habe Europa "zum Ursprungsort der wissenschaftlichen Welterklärung mit den Mitteln der menschlichen Vernunft" werden können und Rechtsstaatlichkeit sowie eine Kultur der Mitmenschlichkeit und Menschenwürde entwickelt.
Zu Europa gehöre auch die Ehrfurcht vor dem Heiligen überhaupt, vor Gott, sagte der Bischof. Diese Ehrfurcht sei auch demjenigen zuzumuten, der selbst nicht an Gott zu glauben bereit sei. Wo diese Ehrfurcht zerbrochen werde, nehme die Identität einer Gesellschaft Schaden.
Sonntag als "Urfeiertag Europas"
Zum Fundament Europas gehöre schließlich auch die Feiertagskultur mit dem Sonntag als dem "Urfeiertag Europas". Weit über das kirchliche Anliegen hinaus sei er "ein Kulturgut höchsten Ranges" und als "soziale Einrichtung" schützenswert gegenüber allen Vereinnahmungsversuchen durch die Wirtschaft.
Zu den politischen Debatten um eine Gefährdung dieses Kulturraumes, etwa durch den Islam, sagte Voderholzer, er gehöre zu denen, "die diese Sorgen nicht einfach von der Hand weisen". Mit dem Orientkenner Peter Scholl-Latour behaupte er aber: "Sorgen muss sich Europa nicht machen wegen der Stärke des Islam, sondern wegen seiner eigenen geistigen Schwäche."
In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Debatten um den Begriff "christliches Abendland" gegeben. Zuletzt hatte sich auch Kardinal Reinhard Marx zum Terminus geäußert. "Davon halte ich nicht viel, weil der Begriff vor allem ausgrenzend ist", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am vergangenen Donnerstag in Berlin. Dies verkenne die "große Herausforderung, in Europa dafür zu sorgen, dass verschiedene Religionen mit jeweils eigenen Wahrheitsansprüchen friedlich zusammenleben", so Marx bei einer Diskussion mit dem Publizisten Michel Friedman im Theater "Berliner Ensemble". (tmg/KNA)