Das Kirchenjahr-Quartett
Warum wird das Fest der Heiligen Familie machmal ausnahmsweise nicht an Sonntag nach Weihnachten gefeiert? Und warum fand der Josefstag 2017 nicht am 19. März sondern einen Tag später statt? Geregelt sind die Fälle, in denen im liturgischen Jahr zwei "Ereignisse" auf einen Tag fallen, in der sogenannten Grundordnung des Kirchenjahres. Grob vereinfacht gesagt, kann man sich die Regeln, nach denen ein Fest das andere verdrängt so vorstellen, wie bei beliebten Kartenspielen, etwa Skat oder ein Autoquartett: Ein höherrangiges Fest verdrängt das niederrangige.
Wie bei Spielregeln muss man die Rangstufen kennen. Ein guter Ausgangspunkt mag der Sonntag sein. Viele katholisch sozialisierte Menschen wissen, dass an Sonntagen etwa Heiligenfeste nicht gefeiert werden, dass der Tag bereits am Samstagabend beginnt und man eine Vorabendmesse besuchen kann und dass die Sonntage in der Fastenzeit vom Fasten ausgenommen sind. Also ist der Sonntag zweifellos bedeutend. Dennoch ist er – in Spielkarten gesprochen – eher eine Dame als ein König oder As.
Denn Sonntag ist nicht gleich Sonntag. Die Rangordnung der liturgischen Tage unterscheidet vielmehr drei Kategorien, die als "Hochfeste" (Kategorie I), "Feste" (II) und "Gedenktage" (III) bezeichnet werden können. Sonntage sind in den Rängen I und II vertreten, im Rang III die Wochentage. Diese drei Ränge sind aber auch in sich noch einmal differenziert. Ein Verzeichnis zeigt auf, welches Fest ranghöher ist. Es reicht von I.1 "Die Drei Österlichen Tage" bis zu III.13 "Die Wochentage des Advents bis zum 16. Dezember".
Ostern, und zwar von der Messe vom Letzten Abendmahl des Gründonnerstags an, ist also das allerhöchste Fest in der katholischen Kirche. Direkt darauf folgen Weihnachten, Erscheinung des Herrn, Himmelfahrt und Pfingsten im Rang I.2, in dem sich unter anderem auch die Sonntage der Fastenzeit finden. Dahinter, im Rang I.3, findet sich der heilige Josef. Er ist zwar ein für die ganze Kirche gebotener Feiertag und ein Hochfest, aber eben unterhalb der Fastensonntage angesiedelt. Deshalb wurde der Ziehvater Jesu nicht vergangenen Sonntag gefeiert, sondern in Gottesdiensten am Montag in der liturgischen Festfarbe Weiß und mit feierlichem Schlusssegen.
Die "normalen" Sonntage im Jahreskreis und diejenigen in der Weihnachtszeit gelten lediglich als "Feste" und befinden sich im Rang II.6. Sie können also etwa durch Hochfeste verdrängt werden. Im Sommer kann das beispielsweise bei "Peter und Paul", das im Rang I.3 steht, der Fall sein. Allerdings genießt der Sonntag dennoch einen grundsätzlichen Schutz: Die Grundordnung des Kirchenjahres hält fest, dass kein Fest dauerhaft auf einen Sonntag gelegt werden kann. Nur vier Ausnahmen sind erlaubt: Die "Taufe des Herrn" am Sonntag nach dem 6. Januar, das Dreifaltigkeitsfest nach Pfingsten, Christkönig zum Ende des Kirchenjahrs und das Fest der Heiligen Familie am Sonntag in der Weihnachtsoktav.
Linktipp: Gebrauchsanweisung für die Liturgie
In Zeiten, in denen es immer weniger Priester gibt, stehen auch Laien zunehmend vor der Aufgabe, liturgische Feiern zu gestalten. Eine Art Einstiegshilfe dafür hat sich nun das Liturgierereferat im Bistum Würzburg ausgedacht. (Artikel vom November 2015)Bei letzterem gibt es noch eine weitere Regelung, für den Fall, dass – wie vergangenes Jahr – kein Sonntag in die Weihnachtsoktav fällt, weil der 25. Dezember selbst ein Sonntag war. Die Kirche hat festgelegt, dass die Heilige Familie dann am 30. Dezember gefeiert werden soll.
Welches Fest welchen Rang hat, ist "zentral" geregelt: Das "Calendarium Romanum Generale", auch Generalkalender genannt, gibt den weltweit gültigen Rahmen vor. Im "Regionalkalender" finden sich Erweiterungen mit Gedenktagen von Heiligen, die etwa im deutschen Sprachgebiet gewirkt haben, und in Diözesan- oder Eigenkalendern von Ordensgemeinschaften sind noch deren Eigenfeiern ergänzt, zum Beispiel der Jahrestag der Domweihe.
Verwirrt durch die vielen Regelungen? Weil der Kirche bewusst ist, dass die Ordnung um einiges differenzierter ist als die Regeln eines Kartenspiels, geben die Bistümer ein sogenanntes "Direktorium" heraus; viele deutsche Diözesen bieten es auch kostenlos zum Download an. In diesem jährlich erscheinenden Werk, das von Beginn des Kirchenjahrs im Advent bis zum Samstag nach Christkönig Gültigkeit besitzt, ist all das für jeden einzelnen Tag beschrieben: Der Rang der Feste, die Farbe der liturgischen Gewänder und welche Lesungen vorgetragen werden.