Der Umgang der Kirche mit Rechtspopulisten bleibt schwierig
Der Umgang mit dem Rechtspopulismus hat sich zu einer Gretchenfrage für die Kirchen entwickelt - nicht nur auf Kirchen- und Katholikentagen. Parteipolitisch lautet sie: "Nun sag, wie hast du's mit der AfD?" Die mediale Auseinandersetzung bedient dabei genau das Reiz-Reaktionsschema, das zur Ausgrenzung aller "Rechten" führen kann - und damit dem Populismus wieder neues Rechtfertigungspotenzial liefert, wie Alt-Bundespräsident Joachim Gauck unlängst anmerkte.
Das Dilemma zwischen "klarer Kante" und Dialogbereitschaft betrifft aber nicht nur die Parteien der Mitte, sondern längst auch die Kirchen. Ein Grundproblem ist das janusköpfige Auftreten der neuen Rechten, denn die AfD und ihr Umfeld sind nicht einheitlich. Da gibt es Wertkonservative, die sich auch auf christliche Positionen berufen, bis hin zu Leuten, die mit Rechtsextremisten und Antisemiten paktieren.
Expertise aus Migrations- und Pastoralkommission
Die Deutsche Bischofskonferenz will am Dienstag eine "Arbeitshilfe zum kirchlichen Umgang mit rechtspopulistischen Tendenzen" vorstellen. Sie soll Gemeinden und kirchlichen Gruppen helfen, "sich mit Fragen des Populismus auseinanderzusetzen, vor allem mit rechtspopulistischen Tendenzen, die derzeit in Deutschland und Europa eine besondere Herausforderung darstellen", wie es in der Einladung heißt. Die Expertise haben Arbeitsgruppen der Migrationskommission und der Pastoralkommission der Bischofskonferenz sowie der Deutschen Kommission Justitia et Pax und weitere Fachleute zusammengetragen.
Wie problembeladen der Umgang ist, lässt sich derweil auf dem Evangelischen Kirchentag in Dortmund beobachten. Im Gegensatz zu den früheren Treffen dieser Art hat man sich diesmal gegen eine Einladung der AfD auf Podien entschieden. "Radikale Einstellungen, die ganze Menschengruppen abwerten und sogar Rassismus und Antisemitismus befördern", hätten dort nichts zu suchen, so der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Die Hasskommentare aus dem rechtsradikalen Umfeld nach dem Mordfall Lübcke werden die Entscheidung bestärkt haben.
Der kirchenpolitische Sprecher der AfD, Volker Münz - er ist gewähltes Kirchgemeinderatsmitglied in Uhingen und Bezirkssynodaler in der Evangelischen Landeskirche Württemberg - wirft im Gegenzug der EKD Huldigung an den Zeitgeist und "Scheinheiligkeit" vor, wenn sie Repräsentanten des türkisch-islamischen Moscheeverbands Ditib einlade, AfD-Leute aber von Podien fernhalte.
Schaut man auf die Internet-Seite der "Christen in der AfD", scheint die EKD-Entscheidung auf den ersten Blick fragwürdig. Die dort vertretenen Ansichten mögen nicht progressiv seien, Konservative und Evangelikale dürften aber vieles teilen: Das Christentum als Fundament von Staat und Gesellschaft, das Eintreten gegen PID, Abtreibung oder aktive Sterbehilfe und für das traditionelle Ehe- und Familienbild, den konfessionellen Religionsunterricht oder verfolgte Christen.
Von Beatrix von Storch bis zu Matteo Salvini
Schwieriger wird es im Verhältnis zum Islam und vollends problematisch beim Umgang mit Flüchtlingen. Wenn etwa die AfD-Bundestags-Fraktionsvize Beatrix von Storch Italiens Innenminister Matteo Salvini für dessen "Politik der geschlossenen Häfen" gegen Migranten aus Afrika den Friedensnobelpreis zuerkennen will, empfinden das viele als zynisch.
Vor allem aber ist die "nationalistische und völkische Grundierung" des Grundsatzprogramms der AfD für die Kirchen unannehmbar. Das Eintreten der Rechtspopulisten für christliche Werte wird damit in der Substanz untergraben - wie es eine Studie des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften der Uni Münster herausarbeitete. Hinzu kommt der Studie zufolge die fehlende Distanzierung gegenüber rechtsextremistischen Tendenzen, Aussagen und Akteuren.
Für die Kirchen bleibt der Umgang mit Rechtspopulisten schwierig. Auch weil ein Teil ihrer Mitglieder mehr oder weniger offen mit AfD-nahen Positionen in der Zuwanderungsfrage oder in Fragen der inneren Sicherheit sympathisieren. Zwar wählen regelmäßige Kirchgänger seltener AfD als die Durchschnittsdeutschen, doch auch in den meisten Gemeinden müssen die Pfarrer inzwischen mit mindestens fünf Prozent AfD-Sympathisanten rechnen. Den Bischöfen muss daher das Kunststück gelingen, diese Mitglieder nicht einfach auszugrenzen und Empfehlungen zu geben, wie ein offener, und mitunter auch konfliktgeladener Dialog gelingen kann.