Katholisch.de erklärt das Amt des Generalvikars

Der Generalvikar: Der zweite Mann

Veröffentlicht am 03.02.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
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Bonn ‐ Das Kirchenrecht sieht für ihn eine besondere Aufgabe vor: Der Generalvikar soll "alter ego" des Bischofs sein. Katholisch.de erklärt, welche Rechte und Pflichten das mit sich bringt.

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Das Kirchenrecht sieht für jede Diözese einen Generalvikar vor. In der Machthierarchie des Bistums folgt dieser – noch vor dem Weihbischof – direkt hinter dem Bischof. Im lateinischen Rechtstext heißt der Generalvikar "Vicarius generalis", also eigentlich "Generalstellvertreter". Seine Hauptaufgabe besteht darin, den Bischof bei dessen Leitungsaufgaben zu unterstützen. Entwickelt hat sich das Amt im Spätmittelalter in großen Diözesen Deutschlands und Frankreichs, in denen der Bischof häufig länger abwesend war und sich nicht um die Tagesgeschäfte kümmern konnte. Sie verdrängten mit der Zeit die Erzdiakone, die zuvor die "zweiten Männer" in den Bistümern waren. In der lateinischen Kirche ist das Amt des Erzdiakons mittlerweile erloschen.

Demgegenüber sind die Generalvikare mit der Zeit zu immer wichtigeren Figuren geworden. Mit größer werdenden Bistümern wuchs auch der Leitungsaufwand. So kann es theoretisch sogar mehrere Generalvikare geben, wenn "die Größe der Diözese, die Zahl der Einwohner oder andere pastorale Gründe" es nahelegen. Das ist in Deutschland derzeit jedoch nicht der Fall.

Vom Bischof frei ernannt

Die Aufgaben von Generalvikaren und Weihbischöfen überschneiden sich, wenn es darum geht, den Bischof zu unterstützen. Theoretisch kann der Bischof einer Diözese einen Weihbischof auch gleich selbst zum Generalvikar ernennen, was zumindest in den deutschen Diözesen jedoch selten vorkommt. Derzeit (Stand: März 2021) hat nur der Mainzer Weihbischof Udo Bentz beide Ämter inne.

Mainzer Weihbischof Udo Bentz
Bild: ©KNA

Udo Bentz ist Weihbischof in Mainz – und gleichzeitig Generalvikar des Bistums.

Wird ein Weihbischof nicht zum Generalvikar ernannt, ist er zum Bischofsvikar zu ernennen. Dieser hat "in einem genau festgelegten Gebietsteil der Diözese, in einem näher umschriebenen Geschäftsbereich oder für die Gläubigen eines bestimmten Ritus oder eines bestimmten Personenkreises dieselbe ordentliche Gewalt (…), die nach allgemeinem Recht dem Generalvikar zukommt." Der Bischofsvikar kann beispielsweise für die Ökumene zuständig sein, oder sich um die Gläubigen einer bestimmten Sprachgruppe kümmern. Der Generalvikar wird, wie auch der Bischofsvikar, unmittelbar vom Bischof selbst frei ernannt. Somit kann der Bischof diese Stellvertreter auch jederzeit wieder abberufen.

"Dem Generalvikar kommt kraft Amtes in der ganzen Diözese die ausführende Gewalt zu, die der Diözesanbischof von Rechts wegen hat, um alle Verwaltungsakte erlassen zu können", beschreibt das Kirchenrecht knapp die allgemeinen Befugnisse des Generalvikars. Darunter fallen auch solche, die dem Bischof direkt vom Heiligen Stuhl gewährt wurden. Ausgenommen werden dabei nur jene Entscheidungen, die sich der Bischof entweder selbst vorbehält oder die ihm von Rechts wegen vorbehalten sind. Dazu zählt etwa die Besetzung von Pfarrstellen, die grundsätzlich in die Zuständigkeit des Diözesanbischofs fällt.

Chef der Bistumsverwaltung

Der Generalvikar ist als Leiter des Generalvikariats, auch Ordinariat genannt, Chef der Bistumsverwaltung. Während dem Bischof allein die gesetzgebende Gewalt in der Diözese zukommt, übt der Generalvikar in seinem Namen die ordentliche, ausführende Gewalt aus – und wird deshalb auch als Ordinarius (von lat. "ordinarius", ordentlich) bezeichnet. Im Ordinariat ist außerdem die Vermögensverwaltung der Diözese angesiedelt.

Auch wenn er sehr weitgehende Befugnisse hat, gilt für den Generalvikar, dass er "niemals gegen den Willen und die Absicht des Diözesanbischofs handeln" darf. Ebenso hat er den Bischof "über alle wichtigeren Amtsgeschäfte, einerlei ob sie noch zu erledigen oder bereits erledigt sind" zu unterrichten. Was unter einem "wichtigeren Amtsgeschäft" zu verstehen ist, führt das Gesetz dabei nicht näher aus.

Der Generalvikar im Kirchenrecht

Die Aufgaben und Befugnisse des Generalvikars sind an verschiedenen Stellen im Kodex des kanonischen Rechts, dem Gesetzbuch der Kirche niedergeschrieben. Im Buch II zum "Volk Gottes" wird den Generalvikaren und Bischofsvikaren mit den Canones 475 bis 481 ein eigener Artikel gewidmet.

Das Recht stellt zudem einige Voraussetzungen für das Amt des Generalvikars auf. So kann nur Generalvikar werden, wer die Priesterweihe empfangen hat und über 30 Jahre alt ist. Er muss zudem eine akademische Ausbildung erhalten haben und soll im Kirchenrecht oder der Theologie promoviert worden sein. Außerdem muss sich der Kandidat "durch Rechtgläubigkeit, Rechtschaffenheit, Klugheit und praktische Verwaltungserfahrung" auszeichnen. Zum Beweis seiner Rechtgläubigkeit hat der Ernannte vor dem Bischof das Glaubensbekenntnis abzulegen.

Sonderrolle des Militärgeneralvikars

"Das Amt des Generalvikars (…) ist unvereinbar mit dem des Bußkanonikers", führt das Recht weiter aus. Der Bußkanoniker einer Diözese ist ein Mitglied des Domkapitels dem die Sorge um die sakramentale Beichte anvertraut ist und das dazu mit besonderen Befugnissen ausgestattet wird. Außerdem darf der Kandidat nicht "bis zum vierten Grad blutsverwandt" mit dem Bischof sein.

Eine Sonderrolle unter den deutschen Generalvikaren hat der Militärgeneralvikar des Katholischen Militärbischofs. Wie jeder seiner Kollegen vertritt er den Bischof. Im Falle des Militärbischofs ist dies eine besonders umfangreiche Aufgabe, da dieser – derzeit Franz-Josef Overbeck – sein Amt zusätzlich zu seiner Aufgabe als Diözesanbischof ausübt und daher nur für begrenzte Zeit zur Verfügung stehen kann. Darüber hinaus ist der Militärgeneralvikar Leiter des Katholischen Militärbischofsamts (KMBA). Das KMBA ist eine Bundesoberhörde, die direkt dem Verteidigungsministerium nachgeordnet ist. Der Militärgeneralvikar bildet die Verbindung zwischen Kirche und Militär: Als Generalvikar ist er der Vertreter des Bischofs, als Behördenleiter ist seine direkte Vorgesetzte die Bundesverteidigungsministerin. Diese Doppelaufgabe wird ihm mit einer Beamtenbesoldung auf deutlich höherem Niveau als bei anderen Generalvikaren besonders vergütet.

Von Kilian Martin