Kinderschutzexperte Zollner über Priester, die Väter werden

"Die Priester zahlen Alimente und kaufen sich frei"

Veröffentlicht am 26.11.2017 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
Vatikan

Rom ‐ Die irischen Bischöfe haben es vorgemacht: Jetzt will auch er Vatikan Richtlinien für Priester mit Kindern erlassen. Kinderschutzexperte Hans Zollner erklärt, warum das nötig ist.

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Frage: Pater Zollner, warum kommt der Vatikan erst jetzt auf die Idee, Richtlinien für den Umgang mit Priestern zu erlassen, die Väter werden?

Zollner: Es gibt Länder, etwa in Afrika, Asien oder Lateinamerika, wo sich Priester bis heute aus der Verantwortung ziehen können. Sie zahlen Alimente und kaufen sich damit frei. Manche Kinder erfahren nie, wer ihr Vater ist. Das will der Heilige Stuhl abstellen. Vorbild sollen hierbei offenbar die im September veröffentlichten Richtlinien der irischen Bischöfe sein.

Frage: In Deutschland muss sich also nichts ändern?

Zollner: In Deutschland und Zentraleuropa ist der Umgang mit Priestern, die Väter werden, im Großen und Ganzen schon jetzt gut geregelt. Hierzu gibt es Verfahrensabläufe. Die Priester werden in der Regel von ihren Bischöfen aufgefordert, aus dem Dienst auszuscheiden und die Verantwortung für ihr Kind zu übernehmen. Dazu muss natürlich auch die Mutter des Kindes gehört werden.

Der Jesuitenpater Hans Zollner steht vor der Päpstlichen Universität Gregoriana.
Bild: ©SJ-Bild/Christian Ender

Der Jesuit Pater Hans Zollner ist Vizerektor der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und leitet dort das Kinderschutzzentrum. Zudem ist er Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission.

Frage: Welche Rolle spielt die Kinderschutzkommission bei der Erarbeitung der Richtlinien?

Zollner: Nach derzeitigem Stand ist die Kinderschutzkommission nicht an der Erarbeitung beteiligt. Das gehört nicht zu ihrem Aufgabenbereich. Es wäre aber auch allein aus zeitlichen Gründen schon kaum möglich, weil die Amtszeit der Mitglieder Ende des Jahres ausläuft. Die erste Sitzung der neuen Kommission – deren Mitglieder der Papst allerdings noch ernennen muss – ist für April vorgesehen. Ich nehme an, dass die Kleruskongregation und das Staatssekretariat die Richtlinien erarbeiten werden.

Frage: Aber hatten sich nicht zahlreiche Kinder von Priestern mit der Bitte um Hilfe an die päpstliche Kinderschutzkommission gewandt?

Zollner: Nein, das ist eine falsche Information. Nach meinem Kenntnisstand ist bei der Kommission nur ein einziges Schreiben eines Priesterkindes eingegangen. Und das stammt von dem irischen Betreiber einer Internetseite für Priesterkinder, der die irischen Bischöfe für das Thema sensibilisiert hat.

Frage: Wie oft kommt es denn überhaupt vor, dass Priester Väter werden?

Zollner: Es wäre illusorisch, dazu irgendwelche Angaben zu machen. Es gibt keine verlässlichen oder auch nur einigermaßen vernünftigen Schätzungen dazu. Fest steht nur so viel: Priester, die Kinder bekommen, gab es immer und wird es immer geben. Die Kirche muss dafür eine Regelung finden, die den Kindern gerecht wird. Allerdings ist auch klar, dass der Umgang mit und die Sorge um Kinder nicht durch gesetzliche Regelungen allein in angemessener Weise realisiert werden kann. Es geht hier um eine entscheidende Beziehung, um Haltungen, Emotionen, Gefühle und Leidenschaften. Damit muss man bewusst und konstruktiv umgehen.

Von Thomas Jansen

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