Ermittler: Kirchliche Prävention ist "amateurhaft"
Beim Schutz von Minderjährigen vor sexuellem Missbrauch hat die katholische Kirche nach Worten des früheren vatikanischen Chefermittlers Charles Scicluna einen "amateurhaften Ansatz" verfolgt. Diesen gelte es zu überwinden; die Kirche müsse den Rat von Experten auf diesem Gebiet annehmen, sagte der heutige Erzbischof von Malta bei einem Kongress der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, der am Donnerstagabend zu Ende ging. Scicluna war von 2002 bis 2012 an der römischen Glaubenskongregation für die innerkirchliche Strafverfolgung schwerwiegender Delikte wie Kindesmissbrauch zuständig.
Die Kirche dürfe beim Kinderschutz nicht nur "eine einzige Methode für alle Fälle" anwenden, so Scicluna. Der Leiter des Kinderschutzzentrums an der Gregoriana, der Theologe und Psychologe Hans Zollner, forderte mehr Schulung für kirchliches Personal und höhere Standards beim Kinderschutz. "Da kann man nicht genug tun", sagte der Jesuit, der auch Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission ist. Eine Person, bei der Zweifel zur Eignung für den Umgang mit Kindern und Jugendlichen bestünden, dürfe nicht für einen kirchlichen Dienst in diesem Bereich zugelassen werden.
Bei der dritten "Anglophone Safeguarding Conference 2017 Rome" ging es um Zukunftsperspektiven für Missbrauchsopfer, deren Begleiter sowie für Täter. Hilfe für Täter - etwa durch Therapien - sei auch wichtig, um Rückfälle zu vermeiden, so Zollner. An erster Stelle stünden aber immer die Betroffenen; diese müsse die Kirche auf dem Weg der "inneren Heilung" unterstützen. Ziel sei eine "spirituelle Versöhnung mit sich, ihrem Leben, dem, was ihnen widerfahren ist, und mit Jesus und seiner Kirche", sagte der Leiter des Kinderschutzzentrums. Von der Kirche verlangte er "zu schauen, wo Strukturen transparenter und kohärenter sein müssen".
Das Kinderschutzzentrum organisierte die Veranstaltung gemeinsam mit dem katholischen Kinderschutzdienst in Schottland und der vom Erzbistum Malta gegründeten Schutzkommission. Unter den mehr als 110 Teilnehmern der Konferenz waren Mitglieder mehrerer Bischofskonferenzen, Laien, die mit Missbrauchsopfern arbeiten, sowie Ordensleute. Zudem berichteten fünf Geschwister über den Missbrauch in ihrer Familie und wie sie diesen verarbeiten. (KNA)