Mainzer Theologen untersuchen Sakramentenvorbereitung

Erstkommunion-Katecheten wünschen sich mehr Glaube

Veröffentlicht am 20.01.2018 um 13:30 Uhr – Lesedauer: 
Feier der Erstkommunion in einer Kirchengemeinde in Offenbach.
Bild: © KNA
Sakramente

Bonn ‐ Vielerorts ist die Erstkommunionkatechese noch immer Domäne der Eltern. Eine aktuelle Studie stellt ihnen dabei ein gutes Zeugnis aus. Zugleich formuliert sie Forderungen an die hauptamtlichen Seelorger.

  • Teilen:

Nach dem Ende der Volkskirche stehen viele Aspekte der Seelsorge in Deutschland zur Debatte. Verantwortliche ringen um eine bessere Ehevorbereitung, eine bessere Struktur für Großpfarreien oder das bessere Alter für die Firmung. Doch nicht alle Grundfesten des kirchlichen Lebens geraten ins Wanken. Die Erstkommunionkatechese etwa ist nach wie vor in einem guten Zustand, attestieren ihr Mainzer Theologen. Gleichwohl gebe es auch in diesem Bereich einige Defizite und Probleme. Diese Erkenntnis haben der Religionspädagoge Peter Orth und sein vormaliger Kollege Peter Kohlgraf – seit August 2017 Bischof von Mainz – aus einer empirischen Studie unter Katecheten, die sie jüngst vorgestellt haben.

"Ziel der kleinen qualitativen Studie war, neben einer Bestandsaufnahme der aktuellen Praxis, zu eruieren, welche Defizite Beteiligte am Vorbereitungsprozess wahrnehmen und welche Potenziale gehoben werden können", heißt es im Forschungsbericht. Orth hat das kurze Papier gemeinsam mit der Mainzer Gemeindeassistentin Christine Wüst-Rocktäschel geschrieben und Mitte Januar auf dem Blog "Feinschwarz" veröffentlicht. Ihr Fazit fällt überwiegend positiv aus: Sowohl bei den Kommunionkindern, wie auch bei den Katecheten – meistens die Eltern der Kinder – herrscht "hohes Interesse" und eine "wache Neugierde" auf das Sakrament.

Die Katechese bringt auch die Katecheten voran

So weit, so wünschenswert. Vertieft gehen die Forscher dann vor allem auf die Motivation der Katechetinnen und Katecheten ein. Bei vielen spiele der Wunsch, den eigenen Glauben zu vertiefen ebenso eine Rolle, wie die Glaubensvermittlung an den Nachwuchs. Gegenüber katholisch.de ergänzt Studienleiter Orth: "Bei wenigen anderen reduzierte sich die Motivation auf die 'dringende' Anfrage und die Notwendigkeit, dass jemand das machen musste." Die große Mehrheit jedoch empfinde die eigene Spiritualität nach der Erstkommunion der Kinder ebenfalls als "fokussierter, reflektierter und präsenter".

Fast 180.000 Kinder haben im vergangenen Jahr deutschlandweit erstmals die Kommunion empfangen, allein im Bistum Mainz waren es über 5.000. Gerade in traditionell katholischen Regionen läuft die Vorbereitung dabei in der Regel nach dem bekannte Modell, wie es die Studie beschreibt: "Vorwiegend beteiligte Eltern – häufiger Mütter, aber auch zunehmend Väter – bereiten die Kinder in überschaubaren Kleingruppen in wöchentlichen Treffen auf den Sakramentenempfang vor."

Bild: ©katholisch.de

Als Professor für Pastoraltheologie an der Katholischen Hochschule Mainz hat Peter Kohlgraf die Studie zur Erstkommunionkatechese mitinitiiert. Als heutiger Bischof von Mainz fallen Änderungen und Korrekturen in sein Aufgabengebiet.

Die Katecheten verstehen sich dabei längst nicht nur als Lehrer. Die Eltern nennen eine Vielzahl von Selbstbezeichnungen, darunter auch so komplexe Rollen wie die einer Vertrauensperson, eines Glaubenszeugen oder eines Begleiters in existenziellen Fragen. "Die Leiterinnen der Studie fragen allerdings kritisch, ob sich die Katecheten, die die Kinder ja nur eine begrenzte Zeit begleiten, mit dieser Rollenvorstellung nicht überfordern", heißt es dazu im Bericht.

Wunsch nach mehr fachlicher Begleitung

Den ehrenamtlichen Glaubenslehrern fehle "häufig eine didaktische und inhaltlich-theologische (Aus-) Bildung", erklärt Orth. Zugleich könne man aber auch nicht erwarten, dass die Eltern "noch mehr Zeit für solche Fortbildungen aufwenden", als sie es in der Katechese ohnehin schon tun. Gleichwohl geben ausgerechnet die Katecheten selbst ein Signal, das diese Befürchtung entkräften könnte: Sie selbst wünschen sich mehr "inhaltliche und fachliche Begleitung seines der hauptamtlichen Theologen". Diese sei, so das Fazit der Forscher, meist schon "mit der Übergabe des Kursmaterials" – das die Katecheten grundsätzlich als sehr hilfreich empfinden – beendet. In der Folge würden die Eltern die Kurse "relativ unreflektiert 'abarbeiten'".

Auch abseits der Katechese selbst wünschen sich die Katecheten eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Inhalten ihrer Tätigkeit. Ein ernüchterndes Bild zeichnen sie dabei etwa von den obligatorischen Elternabenden vor der Erstkommunion: "Fragen zur Vorbereitung des Festes, zur Ausstattung der Kommunionkinder, etc. nehmen extrem breiten Raum ein." Studienleiter Orth sieht zur Abhilfe bei diesem Problem nicht nur die Gemeinden selbst in der Pflicht. Schon auf höherer Ebene müssten ansprechende Konzepte zur Gestaltung der Elternarbeit entwickelt werden.

Linktipp: "30 von 62 werden Ministrant"

Wie geht es weiter nach der Erstkommunion? Der Religionspädagoge Albert Biesinger wirbt im Interview für eine Erstkommunionvorbereitung, die nachhaltig wirkt und manch eine Kirchengemeinde wieder zum Blühen brachte: Die Familienkatechese. (Interview von April 2016)

In den Antworten der Studienteilnehmer identifizierten die Theologen ein weiteres Defizit: "Das nur gelegentliche 'Auftauchen' der Kommunionkinder in der Gemeinde und das quasi 'Nicht-Auftauchen' von Gemeinde in der Katechese." Für die Studienleiter eine vertane Chance. Schließlich würde gerade die Erfahrung einer lebendigen Gemeinde den Kindern und Jugendlichen helfen, sich in der Kirche zu beheimaten, sagt Orth. Gleichzeitig dürfe man selbst von gezielten Angeboten "keine Wunderdinge" erwarten, denn "ein Moratorium in Glaubensfragen ist typisch für die Jugendzeit", so der Religionspädagoge. Mehr Augenmerk müsse daher auf die jungen Erwachsenen gelegt werden, die bislang in der Kirche oft aus dem Blick gerieten.

Die Beichte als "Dauerbrenner"

Die jedoch vielleicht größte Herausforderung heben die Autoren der Erstkommunion-Studie bis zum Schluss auf. In der letzten ihrer neun Thesen befassen sie sich mit dem "Problemfeld Beichte"; einem "Dauerbrenner", wie sie selbst zugeben. Sie ist als Sakrament der Versöhnung obligatorisch mit dem Empfang der ersten heiligen Kommunion verbunden. Zugleich hätten die Kinder heute ein durchweg negatives Bild des Sakraments; ererbt von den Eltern, die wiederum von den Großeltern entsprechend geprägt wurden. Nicht verwunderlich, dass selbst der Papst persönlich beobachtet, dass die Beichte in Deutschland "vielfach verschwunden" sei. Laut Orth braucht es daher einen "anthropologisch angemessenen Blick" auf das Sakrament. Er kann sich vorstellen, dass dieser "stärker in Richtung Selbstreflexion des eigenen Lebens" geht.

Spätestens beim Bußsakrament befinden sich die Forscher und die Katecheten zumal in einem Bereich, der weit über die Pfarreien und teilweise sogar die Diözesen hinaus geht. Die Mainzer Studie zeigt damit eindrücklich, dass sich selbst bei einem so gemeindezentrierten Thema wie der Erstkommunion auch große Fragen stellen können. Dabei könnte der zwischenzeitliche Berufswechsel von Peter Kohlgraf ein Vorteil sein: Als Wissenschaftler hat er Probleme ermittelt, deren Lösung nun unter anderem in seine Kompetenz als Bischof fallen.

Von Kilian Martin

Unsere Sakramente: Zeichen der Liebe Gottes

Die katholische Kirche kennt sieben Sakramente. In ihnen begegnen die Gläubigen Jesus Christus. Er erfüllt ihnen sein Heil. Katholisch.de stellt sie vor.