Unbekannte Gebeine unter Fußboden entdeckt

Fall Orlandi: Neue Spur führt zu deutschem Priesterkolleg

Veröffentlicht am 13.07.2019 um 13:25 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Vor zwei Tagen hatte die Öffnung von zwei Gräbern keine neuen Erkenntnisse im Vermisstenfall Emanuela Orlandi ergeben. Nun scheint es eine neue Spur zu geben: Unter dem Fußboden des Priesterkollegs am deutschen Vatikan-Friedhof wurden Gebeine entdeckt, die bislang unbekannt waren.

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Im Fall Emanuela Orlandi scheint es eine neue Spur zu geben: Unter dem Fußboden des deutschen Priesterkollegs am Campo Santo Teutonico im Vatikan sind zwei Beinhäuser entdeckt worden. Die unter einer Falltür gelegenen Räume seien umgehend nach ihrer Entdeckung versiegelt worden, um die darin befindlichen Knochen zu untersuchen, teilte Vatikansprecher Alessandro Gisotti am Samstag mit.

Die vatikanische Staatsanwaltschaft ordnete die Öffnung der Beinhäuser und die Untersuchung für den kommenden Samstag an. Sie solle in Anwesenheit eines Gutachters der Familie des vor 36 Jahren verschwundenen Mädchens stattfinden. Beinhäuser waren seit dem Mittelalter auf Friedhöfen üblich, um bei der Neubelegung von Gräbern die zuvor ausgegrabenen Gebeine Verstorbener aufzubewahren.

Die Öffnung zweier Gräber deutscher Adliger aus dem 19. Jahrhundert auf dem deutschen Friedhof im Vatikan hatte am Donnerstag keine Ergebnisse gebracht. Sie war auf Bitten der Familie der Verschwundenen erfolgt, nachdem diese einen anonymen Hinweis erhalten hatte. Die Tatsache, dass sich weder Knochen noch Urnen in den Gräbern befanden, hatte überdies Spekulationen über den Verbleib der menschlichen Überreste der dort Bestatteten hervorgerufen.

Rätselhaftes Verschwinden Orlandis nähren Verschwörungstheorien

Archivrecherchen ergaben daraufhin, dass Bauarbeiten in den 1960er und 1970er Jahren am deutschen Priesterkolleg, das direkt am deutschen Friedhof am Petersdom liegt, auch das gesamte Gräberfeld betrafen. Auf der Suche nach einem Ort, an den die Knochenreste aus den leeren Gräbern gebracht worden sein könnten, stießen die Ermittler laut Vatikansprecher auf die beiden Beinhäuser unter dem Priesterkolleg.

1983 war die damals 15-jährige Emanuela Orlandi vom Musikunterricht nahe der Piazza Navona nicht nach Hause gekommen. Das Verschwinden der Vatikan-Bürgerin war in der Vergangenheit immer wieder Anlass für Verschwörungstheorien bis hin zu der Mutmaßung, sie sei gemeinsam mit einem römischen Mafia-Boss in einer Kirche in der römischen Altstadt begraben worden.

Ihre sterblichen Überreste wurden auch unter dem Boden der Vatikanbotschaft in Rom vermutet, nachdem dort im vergangenen Herbst bei Bauarbeiten Knochen entdeckt worden waren. DNA-Tests indes widerlegten den Verdacht. Die Knochen stammten aus der Antike. (rom/epd)