Vor 450 Jahren wurde der Astronom Galileo Galilei geboren

Geschichte von Missverständnissen

Veröffentlicht am 15.02.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bild: © KNA
Geschichte

Bonn ‐ Es war nur ein kleiner Schritt für einen Menschen: Am 22. Juni 1633 verlas Galileo Galilei im römischen Dominikanerkloster Santa Maria sopra Minerva ein Dokument der Inquisition, mit dem er seiner Lehre von der Erdbewegung um die Sonne abschwor. Der Akt rettete ihm das Leben, aber er wurde zum Symbol einer Spaltung zwischen Naturwissenschaft und Kirchenlehre. Vor 450 Jahren, am 15. Februar 1564, wurde der Universalgelehrte in Pisa geboren.

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Galilei befasste sich schon als Student mit den revolutionären Ansichten des Astronomen Nikolaus Kopernikus (1473-1543), die Planeten vollzögen eine Kreisbahn um die Sonne. Lange wies er jedoch wie die Mehrheit der Naturwissenschaftler diese These zurück. Doch seine Erforschung der Fallgesetze und der Pendelschwingung führte Galilei allmählich vom gängigen aristotelischen Weltbild zur Lehre des Kopernikus: Nach Fernrohrbeobachtungen ab 1609 bekannte sich Galilei offen zu dem neuen Bild vom Kosmos.

Aristoteles gegen Kopernikus, Bibel gegen Naturwissenschaft

Bald sollte daraus ein grundsätzlicher Streit werden. Es ging um Aristoteles gegen Kopernikus, Bibel gegen Naturwissenschaft. 1616 wurde Galilei beim Heiligen Offizium in Rom angezeigt. Das Urteil der Inquisition: Die Lehre von der Bewegung der Erde um die Sonne ist als nicht bewiesen anzusehen und darf von Katholiken nur als reine Hypothese dargestellt werden.

Zeichnung der Mondphasen von Galileo Galilei
Bild: ©gemeinfrei

Zeichnung der verschiedenen Mondphasen von Galileo Galilei, 1616.

Mit dem Amtsantritt von Papst Urban VIII. (1623-1644) schöpfte Galilei neue Hoffnung. Der frühere Kardinal Maffeo Barberini hatte sich ihm einst gewogen gezeigt. In mehreren Besuchen beim Papst versuchte er, eine Aufhebung des Edikts von 1616 zu erreichen. Erfolglos. 1630 holte Galilei von neuem aus: In seinem Hauptwerk, dem "Dialogo", demontierte er die Argumente seiner Gegner.

"Und sie bewegt sich doch"

Zwar erhielt er eine kirchliche Druckerlaubnis, doch er ignorierte die Änderungswünsche des Papstes. Der Verkauf wurde verboten, Galileo 1632 erneut nach Rom vor die Inquisition geladen. Der Prozess endete mit seinem umfassenden Widerruf. Dass Galilei beim Verlassen des Gerichts "Und sie bewegt sich doch" gebrummt habe, ist eine Legende. Doch sie charakterisiert den eigensinnigen Gelehrten, der für die kirchliche Obrigkeit wie für Fachkollegen kein einfacher Zeitgenosse war. Die letzten acht Jahre bis zu seinem Tod am 8. Januar 1642 verbrachte er in Hausarrest.

Im Rückblick zeigt sich der "Fall Galilei" auch als Geschichte von Missverständnissen: Galilei irrte sich im Wahrheitsanspruch seiner wissenschaftlichen These, die er mit den damaligen Mitteln nicht schlüssig beweisen konnte. Die Inquisition irrte sich, was die Infragestellung theologischer Wahrheiten durch die neue Naturwissenschaft anging. Die Beteiligten mochten zudem gespürt haben, was mit dem Zerbrechen des alten Weltbildes auf dem Spiel stand. Aristoteles, auf dem die bis dahin gültige Theorie fußte, war nicht zuletzt auch ein Gewährsmann für die philosophisch-theologische Begründung der katholischen Eucharistielehre.

Würdigung durch Johannes Paul II.

Die Wiederannäherung geschah langsam, und die Folgen der Spaltung dauern noch immer an. 1741 gestattete der Vatikan eine Gesamtausgabe der Schriften Galileis. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) rief zu Beginn seines Pontifikates 1979 eine Kommission aus Theologen, Naturwissenschaftlern und Historikern ins Leben, die den Fall Galilei aufarbeiten sollte. 1984 verfügte er die Öffnung des ersten Teils der Prozessakten. In einer berühmt gewordenen Rede würdigte der Papst 1992 die Leistungen des Mathematikers und Astronomen und räumte Fehler seitens der Kirche ein.

Am 2. November 1992 wurde Galilei formell rehabilitiert - bis heute ein Meilenstein im Verhältnis von Kirche und Wissenschaft. Auch Benedikt XVI. hat sich im Laufe seines Pontifikats mehrfach mit dem Verhältnis von Glaube und Vernunft befasst, nicht zuletzt in seinem berühmt gewordenen Regensburger Vortrag.

2009 würdigte der Vatikan Galilei mit einer großen Messe. In seiner Predigt sagte der Präsident des Päpstlichen Kulturrates, Erzbischof Gianfranco Ravasi, Galilei habe Grenzen überschritten und neues Wissen erschlossen. Damit sei er für nachfolgende Generationen ein Bindeglied zwischen Glauben und Wissenschaft.

Von Burkhard Jürgens (KNA)