Indiens Regierung will Mutter-Teresa-Heime überprüfen
Indiens Regierung hat die Bundesstaaten zur Überprüfung aller Kinderheime des von der heiligen Mutter Teresa gegründeten Ordens angewiesen. Mit diesem Schritt reagierte das Ministerium für Frauen und Kinder auf den Verdacht, die Missionarinnen der Nächstenliebe könnten in den Handel mit Kindern verwickelt sein, wie indische Medien am Dienstag berichten. Anfang Juli waren eine Ordensfrau und eine Mitarbeiterin eines Heims für ledige schwangere Frauen in Ranchi wegen des Vorwurfs des Kinderhandels verhaftet worden. Angeblich sollen sie Babys an adoptionswillige Paare verkauft haben.
Der Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz des Landes, Bischof Theodore Mascarenhas, wies laut den Medienberichten die Vorwürfe gegen den Orden energisch zurück.
Der Justiz warf er vor, den Anwälten der Beschuldigten die Akteneinsicht zu verwehren. Zugleich beklagte er, die Polizei habe das Geständnis der Ordensschwester erzwungen.
Am Samstag war in indischen Medien ein Handyvideo aufgetaucht, in dem die Ordensfrau angeblich gegenüber einem Polizeibeamten den Verkauf gesteht. Die Schwester soll dabei erklären, ein Kind abgegeben und drei Kinder für jeweils 119.000 Rupien (1.500 Euro) verkauft zu haben.
Linktipp: Kirche: "Hexenjagd" auf Mutter-Teresa-Schwestern
Haben die Missionarinnen der Nächstenliebe Kinder verkauft? Das ist der schlimme Vorwurf gegen die indischen Mutter-Teresa-Schwestern. Die Kirche sieht darin eine Kampagne der Hindunationalisten.Indische Christen sehen das Vorgehen gegen den Orden als Teil einer antichristlichen Hetzkampagne der Hindunationalisten. Als eine "bösartige Kampagne" zur Beschmutzung des Ordensnamens bezeichnete die Regierungschefin von Westbengalen, Mamata Banerjee, in der vergangenen Woche die Angriffe der hindunationalistischen Regierungspartei BJP. In Kalkutta, der Hauptstadt des ostindischen Bundesstaates, hatte Mutter Teresa im Jahr 1950 ihren Orden gegründet.
Kommunisten stellen sich auf die Seite des Ordens
Auch Indiens Kommunisten stellten sich auf die Seite der Ordensfrauen und nannten die Vorwürfe "unfassbar". "Trotz unserer ideologischen Differenzen haben wir nichts als Respekt für Mutter Teresa und ihre Organisation", sagte der Generalsekretär der marxistischen Kommunistischen Partei Indiens, Sitaram Yechury.
Bereits am Sonntag hatten nach Angaben von "ucanews.com" 10.000 Christen in Ostindien gegen das Vorgehen der Behörden demonstriert. Als Zeichen des Protests gegen die Hindunationalisten bildeten sie demnach eine 20 Kilometer lange Menschenkette.
Themenseite: Christenverfolgung
Christen gelten als eine der am stärksten verfolgten religiösen Gruppen weltweit. Oft haben sie unter Repressalien zu leiden. Katholisch.de informiert über alles Wichtige zum Thema.Christen bilden in Indien eine kleine Minderheit von nur gut zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. In der jüngeren Vergangenheit mehren sich gewalttätige Übergriffe durch radikale und nationalistische Hindus. Auch auf politischer Ebene sind Christen immer wieder Angriffen und Diskriminierung ausgesetzt, wie jetzt im Fall der Missionarinnen der Nächstenliebe. Neben dem behördlichen Vorgehen gegen die Kinderheime forderten nun ein prominenter BJP-Abgeordneter sowie die radikal-hinduistische "Nationale Freiwilligenarmee" die posthume Aberkennung von Indiens höchstem Orden für Mutter Teresa. Der Kinderhandel sei nur das jüngste Beispiel für kriminelle Aktivitäten der Ordensgemeinschaft.
Illegale Adoptionen sind in Indien ein großes Geschäft; jährlich verschwinden dort schätzungsweise 100.000 Kinder. Im Dezember hatte das oberste Gericht Indiens alle Kinderheime und Waisenhäuser aufgefordert, sich bei der zentralen Adoptionsbehörde zu registrieren. 2.300 Heime sind laut indischen Medien inzwischen der Anweisung nachgekommen. Den 4.000 übrigen habe Frauen- und Kinderministerin Maneka Gandhi jetzt eine Frist von vier Wochen gesetzt. (kim/KNA)
18.07., 11:50 Uhr: Dritter Absatz ergänzt